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Arbeitszeit und Überstunden

Bild: Getty Images/AdobeStock

Was Sie dürfen und was nicht

In Tarif- und Arbeitsverträgen können auch bezüglich der Arbeitszeit und in puncto Überstunden weitgehend individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Allerdings setzt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) für bestimmte Berufsgruppen klare Grenzen. Was Sie darüber wissen müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag. 

Von den grundsätzlichen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes sind die folgenden Arbeitnehmer ausgenommen:

  • Arbeitnehmer unter 18 Jahren (für sie gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz),
  • Leitende Angestellte,
  • Arbeitnehmer, die mit Personen zusammenwohnen und diese pflegen, betreuen oder erziehen (für ambulante Pflegedienste gelten einige Sonderregelungen des ArbZG),
  • Personen, die an der Gestaltung von Gottesdiensten beteiligt sind.
  • Für alle anderen – in der obigen Auflistung nicht genannten – Arbeitnehmer gelten die im Folgenden erläuterten Regeln für die Arbeitszeit.

Maximale Arbeitszeit

Ein Arbeitnehmer darf nach dem Arbeitszeitgesetz maximal 8 Stunden pro Werktag arbeiten. Die Pausen werden nicht zur Arbeitszeit gerechnet. Außerdem stehen ihm pro Jahr mindestens vier Wochen Urlaub zu. 

In Ausnahmefällen kann der Arbeitstag um 2 Stunden auf 10 Stunden verlängert werden. Da das Arbeitszeitgesetz den Samstag als Werktag sieht, ergeben sich daraus maximal 60 Stunden pro Woche. Die Verlängerung muss aber innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen ausgeglichen werden. In der übrigen Zeit muss der Mitarbeiter also kürzer arbeiten, damit im Durchschnitt wieder die 8-Stundengrenze eingehalten wird.

Was ist Arbeitszeit?

Grundsätzlich gilt als Arbeitszeit der Zeitraum zwischen Beginn und Ende der Arbeit. Die Pausen werden abgezogen, sie gehören nicht zur Arbeitszeit.

Der Weg von und zur Arbeit gehört nicht zur Arbeitszeit. Fährt der Mitarbeiter aber von seiner Wohnung zum ersten Kunden oder vom letzten besuchten Kunden nach Hause, zählt die Fahrtzeit hier als Arbeitszeit.

Dienstreisen sind keine Arbeitszeit, wenn der Mitarbeiter in dieser Zeit erholen und entspannen kann (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 11.07.2006 – Aktenzeichen AZR 519/05). Eine Bahnfahrt wäre somit keine Arbeitszeit – allerdings können hier individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und -nehmer getroffen werden. An- und Abreise mit dem eigenen Pkw sind grundsätzlich als Arbeitszeit zu sehen.

Bei Dienstreisen ins Ausland gilt die gesamte Hin- und Rückreise als Arbeitszeit (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17.10.2018 – Aktenzeichen 5 AZR 553/17).

Die Zeit für das Umziehen gilt nur als Arbeitszeit, wenn eine bestimmte Arbeitskleidung im Betrieb getragen werden muss.

Arzttermine sind, soweit möglich, außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen. Kann der Mitarbeiter den Termin nur während der Arbeitszeit wahrnehmen, ist er für die Zeit des Arztbesuches freizustellen (wird bezahlt). 

Pausen

Ein Mitarbeiter darf nicht länger als sechs Stunden am Stück arbeiten. Spätestens dann steht ihm eine Pause von einer halben Stunde zu (§ 4 ArbZG). Bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden müssen insgesamt Pausen von mindestens 45 Minuten eingeräumt werden. Diese Pausenzeiten müssen angeboten werden und gehören nicht zur Arbeitszeit. 

Gleitzeit-Regelung

Es gibt keine gesetzliche Gleitzeitregel – im Arbeitszeitgesetz steht dazu nichts. Sie wird auch selten in Arbeitsverträgen vereinbart. In den meisten Fällen beruhen Regeln dazu auf Betriebsvereinbarungen. Häufig wird dem Arbeitnehmer ein Zeitfenster eingeräumt und innerhalb dieses Fensters bestimmt er selbst, wann er mit der Arbeit beginnt. Je später die Arbeit aufgenommen wird, umso später endet die Arbeitszeit. Die tägliche Pflichtarbeitszeit muss erbracht werden.

In anderen Modellen wird eine Kernarbeitszeit festgelegt, in der Anwesenheitspflicht besteht. Außerhalb dieses Zeitfensters können die Mitarbeiter ihre Arbeitszeit selbst einteilen. Es ist also auch möglich, dass an einem Tag weniger als die reguläre Arbeitszeit gearbeitet wird, wenn dafür an einem anderen Tag länger gearbeitet wird. Dabei darf aber die maximale Arbeitszeit nach dem ArbZG nicht überschritten werden.

Arbeit an Sonn- und Feiertagen

Grundsätzlich gilt in Deutschland ein Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen (§ 9 ArbZG). Ausgenommen sind hier Berufe, die auch an diesen Tagen ausgeübt werden müssen (z.B. Tätigkeiten in der Pflege, in Krankenhäusern, aber auch an Tankstellen, Museen und anderen Kultureinrichtungen).

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Die Zeiterfassung der Arbeitszeit

Aufgrund eines Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 13.09.2022 (Aktenzeichen 1 ABR 22/21) ist der Arbeitgeber zur automatischen Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet. Hintergrund ist hier, dass das Arbeitsschutzgesetz im Sinne des europäischen Rechts ausgelegt werden muss, obwohl diese Regelungen bis jetzt nicht in das Gesetz übernommen wurden. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass die Arbeitszeit systematisch und kontinuierlich erfasst wird (eine sporadische Erfassung reicht nicht aus).

Wenn keine automatische Zeiterfassung erfolgt, muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass die von den Mitarbeitern erfassten Arbeitszeiten den Tatsachen entsprechen.

An einer Überarbeitung des Arbeitsschutzgesetzes hinsichtlich der Zeiterfassung wird derzeit gearbeitet. Bis dahin ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bindend.

Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden

Obwohl die Begriffe häufig als gleichbedeutend angesehen werden, beschreiben sie arbeitsrechtlich zwei völlig unterschiedliche Situationen. Wenn die Arbeitszeit die Höchstarbeitszeit nach § 3 ArbZG (derzeit 8 Stunden pro Werktag) überschreitet, spricht man von Mehrarbeit. Überstunden hingegen sind Arbeitsstunden, die über das vertraglich vereinbarte Maß hinausgehen. Wird vertraglich vereinbart, dass der Mitarbeiter 30 Stunden pro Woche tätig sein soll, er aber 40 Stunden arbeitet, leistet er 10 Überstunden. 

Wann kommt es zu Überstunden?

Sicher wird sich jeder Betrieb bemühen, Überstunden zu vermeiden. Doch die Gründe für Überstunden sind vielfältig – und sie fallen immer in Ausnahmesituationen an, für die es keinen Sinn macht, Kräfte zusätzlich einzustellen. Klassische Fälle wären die, wenn nach einer Renovierung das Geschäft eingeräumt werden muss oder bei einer Aktion mit einem erhöhten Kundenaufkommen gerechnet werden muss. 

Doch die Interessen, die sich mit den Überstunden verbinden, sind sehr unterschiedlich. Der Arbeitgeber will die Zahl der Überstunden – und die damit verbundenen Mehrkosten – so gering wie möglich halten. Andererseits wollen einige Mitarbeiter eine möglichst hohe Honorierung für die Überstunden erzielen. Es gibt aber auch Arbeitnehmer, die keine Überstunden machen wollen. Hier spielen oft private Verpflichtungen eine Rolle. Auch die hohen Abzüge können dazu führen, dass so mancher Mitarbeiter kein Interesse an bezahlten Überstunden zeigt.

Ist der Arbeitnehmer zu Überstunden verpflichtet?

Ein Mitarbeiter ist grundsätzlich nur zu Überstunden verpflichtet, wenn dies im Arbeitsvertrag oder anderweitig (Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) vereinbart wurde. Wurde keine Vereinbarung getroffen, ist dies auch nachträglich mit dem Mitarbeiter möglich. Es kann auch eine Betriebsvereinbarung im Nachgang – mit Zustimmung der Arbeitnehmervertreter (Betriebsrat) – getroffen werden. 

Aber wenn auch keine Vereinbarungen bestehen, kann es zu Ausnahmesituationen kommen, in denen ein Mitarbeiter zu Überstunden herangezogen werden kann. In einem akuten Notfall (z.B. Wasserrohrbruch oder Feuer im Betrieb) kann dies der Fall sein. Die Leistungspflicht des Mitarbeiters ergibt sich dann aus seiner Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber.

Ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, muss er die Belange des Arbeitnehmers berücksichtigen. Hierzu gehören unter anderem die folgenden Faktoren: 

  • Persönliche Belange des Arbeitnehmers.
  • Gleichheitsgrundsatz, insbesondere, wenn nicht alle Mitarbeiter herangezogen werden.
  • Obergrenzen des ArbZG, die auch mit den Überstunden nicht überschritten werden dürfen.
  • Abstimmung mit dem Betriebsrat. 

Vergütung oder Freizeitausgleich?

Überstunden müssen grundsätzlich vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet werden. Im Ausnahmefall können sich Überstunden auch zwangsläufig ergeben, wenn sie zur Erledigung einer Arbeit unvermeidbar sind (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.03.2013 – Aktenzeichen 5 AZR 122/12). Wurde im Arbeits- oder Tarifvertrag nicht geregelt, wie Überstunden ausgeglichen werden (Freizeit oder Geld), gilt hier § 612 Abs. 1 BGB: „Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“ 

Da der Arbeitnehmer in den meisten Fällen eine Vergütung erwarten kann, steht sie ihm dann auch zu. Allerdings ist dies bei Mitarbeitern im gehobenen und oberen Bereich der Unternehmenshierarchie nicht grundsätzlich gegeben. Das Bundesarbeitsgericht stellte in einem Urteil vom 12.08.2011 klar, dass Überstunden von Führungskräften nicht entlohnt werden müssen (Aktenzeichen 5 AZR 406/10).

Meist wird vom Arbeitgeber für Überstunden ein Zuschlag gewährt. Dies ist aber gesetzlich nicht vorgeschrieben. Möglich ist hier die Regelung in individuellen Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen. 

Eine Alternative zur Vergütung geleisteter Überstunden ist der Freizeitausgleich. Dieser muss explizit im Arbeitsvertrag vereinbart werden und stellt keinen Urlaub dar. Erkrankt der Mitarbeiter beispielsweise im Urlaub, werden die nachgewiesenen Krankheitstage vom Urlaub abgezogen (§ 9 BurlG). Dies gilt jedoch nicht für die Zeit, in der der Mitarbeiter Freizeitausgleich wahrnimmt. 

Formel zur Berechnung der Überstundenvergütung

Werden Überstunden vom Arbeitgeber vergütet, muss für Mitarbeiter, die einen festen Monatslohn erhalten, der Stundenlohn nach der Formel Monatslohn x 3 : 13 : Wochenarbeitszeit in Stunden = Stundenlohn errechnet werden. 

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