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Optovision: Das Streben nach Innovation

Foto: Hanna Diewald

Zu Besuch bei Optovision in Langen – Teil 1

Tausende Brillengläser laufen täglich bei Optovision über das Band. Diverse Male gewann der Brillenglashersteller Auszeichnungen für hervorragende Leistungen in Qualität, Service und mehr. Und das Unternehmen blickt auf eine 45-jährige Geschichte zurück. Trotzdem – oder auch genau wegen dieser Merkmale – soll das Image ein Stück weit neu erfunden werden. Hochwertiger, technischer und innovativer soll der neue Markenauftritt bei Kunden wirken. Wie das gelingen soll, zeigt der Hersteller gerne vor Ort und hat den FOCUS dazu nach Langen in Hessen eingeladen. Hier konnten wir uns die Produktion ansehen und erfuhren außerdem alle Details über das neue Unternehmensimage, Produktneuheiten und den Augenoptikerwunsch nach mehr Innovation.

Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir zum Unternehmen Optovision im hessischen Langen. Mitten im Industriegebiet hat der Brillenglashersteller seinen Sitz.  Der neue Markenauftritt ist bereits von außen erkennbar: Das Grün auf den Flaggen ist etwas dunkler und es gibt erstmalig eine Bildmarke im Logo.

Doch bevor wir mehr über das neue Image lernen, werden wir am Empfang erst einmal für die Produktionstour abgeholt.

Die Werkleiterin Tanja Böttner führt uns durch das etwas verschachtelt angelegte Gebäude. Genau zwischen den zwei höheren Gebäudeteilen, in denen sich unter anderem der Empfang und die Verwaltung befinden, steckt die Produktion.

Hier wird es direkt laut und die Werkleiterin muss ihre Stimme anheben, damit wir sie gut verstehen. Wir stehen vor dem Lager mit Brillenglas-Rohlingen. Tausende davon liegen hier bereit, in den verschiedensten Indizes, Durchmessern, und Dicken.

Nun geht es los: „Wir haben hier eine Reihe Drucker, die jede Stunde ein gewisses Kontingent an Aufträgen für die Produktion ausdrucken“, erläutert Böttner den ersten Schritt von vielen weiteren, die noch folgen werden. „Dann gehen Kollegen mit den Kästchen los und suchen die passenden Rohlinge zu jedem Brillenglas“. Danach werden sie von Hand ausgepackt.

Ab aufs Band

Es beginnt die Reise der Brillenglaskästchen. Alle Aufträge kommen aufs Förderband: „Die Kollegin scannt ihren Auftrag und dann die zwei Kartons  mit dem Ziel, dass der Computer automatisch ‚Grün‘ zeigt. Das heißt, sie hat den richtigen Blank“, verrät uns Böttner.

Das ist nicht trivial, schließlich werden hier mehrere Tausend Brillengläser pro Tag bearbeitet. Falsche Zuordnungen würden den gesamten Prozess durcheinanderbringen.

Jetzt wird es spannend, denn durch die Maschinenhalle führt nicht nur ein Weg. Erstens gibt es bei jedem Prozessschritt mehrere Maschinen, sodass die Software alle Aufträge sinnvoll verteilen muss, um Wartezeiten zu vermeiden und zweitens kommen immer wieder besondere Aufträge rein, die doch noch in die Hand genommen werden müssen.

Tapen und aufblocken

Aktuell verläuft alles korrekt, die Standardgrößen laufen in den vollautomatischen Aufblocker, während speziellere Kurven oder Dicken den Weg zu den Mitarbeitern finden, die an den manuellen Maschinen händisch die Blockstücke anbringen.

Hier sieht man, wie die flüssige Metalllegierung Alloy zwischen Brillenglas und Blockstück fließt. Alloy ist bereits bei circa 50° Grad Celsius flüssig, sobald es etwas abkühlt, erstarrt es und das Brillenglas und das Blockstück sind für den weiteren Fertigungsprozess fest verbunden.

Die weitere Abkühlung erfolgt dann auf dem Laufband, denn die Aufträge rollen nun in Richtung Decke und dann durch einen Durchgang in der Wand in den nächsten Raum.

Oberflächenbearbeitung

In diesem Raum ist die Flächenproduktion. Hier wird die optische Wirkung, die sogenannte Rezeptfläche, in das Brillenglas eingearbeitet. Der Fokus von Optovision liegt in der Bearbeitung aller Kunststoffmaterialien – mineralisches Glas hingegen wird hier nicht mehr bearbeitet.

„Dann haben wir hier diese Reihe mit neun Fräsmaschinen, wo die Produktionssteuerung automatisch entscheidet, welcher Auftrag zu welcher Maschine fährt“, erklärt die Werkleiterin.

Mit der Fräse wird die Form in das Brillenglas eingearbeitet, sodass die Rezeptfläche schon fertig ist. Nach der Bearbeitung ist der Rohling bedeutend dünner.

Danach wird poliert. Von den Poliermaschinen gibt es ebenfalls neun. Mit verschiedenen Polierstücken wird die Oberfläche so bearbeitet, dass sie klar wird – zumindest theoretisch. Praktisch ist das Brillenglas nun so mit Polier­paste verschmutzt, dass es von einem Roboterarm geputzt werden muss. Dieser verfügt über einen Schwammkopf und wird von den Mitarbeitern liebevoll „SpongeBob“ genannt.

Markieren, säubern und trocknen

Im nächsten Schritt werden mit einem Laser die Gleitsichtglas-Markierungen aufgebracht.

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Außerdem wird das Blockstück wieder entfernt, indem heißes Wasser das Alloy verflüssigt. „Das flüssige Metall fließt in den Behälter und geht dann im Kreislauf wieder nach vorne. Es wird wiederverwendet, um die nächsten Gläser zu blocken“, sagt Böttner. Danach muss das Tape, eine blaue Folie, noch entfernt werden. Und damit die Brillengläser sauber zum nächsten Prozess fahren können, durchlaufen sie noch eine Wasch- und Trocknungsanlage.

An dieser Stelle entscheidet sich, wie der weitere Weg des Auftrages verläuft: Für Brillengläser, die getönt sein sollen, geht es nun in die Färberei. Alle anderen dürfen ohne Umwege direkt in die Beschichtung.

In der Färberei

In der Färberei herrscht eine ganz besondere Atmosphäre. Es dampft und köchelt überall. Im Hintergrund läuft das Radio. Im Vergleich zu den lauten Maschinengeräuschen in der Produktion ist es hier angenehm ruhig. Mehrere Mitarbeiterinnen färben konzentriert die Gläser.

Jedes Glaspärchen wird für eine ganz bestimmte Zeit in eine spezielle Mixtur getaucht, damit es in genau der Farbe wieder herauskommt, die vom Augenoptiker und Kunden gewünscht ist. Alles hier ist reine Handarbeit.

„Das ist ein Prozess, in dem sehr viel Erfahrung der Mitarbeiter drinsteckt. Wenn sie ein Musterglas bekommen, mit einem Verlauf von Lila nach Rosa, dann müssen sie genau wissen, wie sie das zu färben haben“, beschreibt Böttner den Prozess.

In aller Regel arbeiten in der Färberei ausschließlich Frauen, da sie aufgrund der Farbrezeptoren besser in der Lage sind, Farben zu unterscheiden. Wir machen uns auf den Weg in die nächste Abteilung.

Die Weißkontrolle

„Hier sind wir im Bereich Beschichtung“, warnt uns die Produktionsverantwortliche vor: „Da müssen wir ein bisschen aufpassen, denn hier ist das Thema Sauberkeit extrem wichtig. Jeder Partikel, der jetzt aufs Glas trifft, bleibt für immer darauf, wenn er erst mit Lack überzogen ist.“

Daher durchlaufen alle Brillengläser hier zuerst die Weißkontrolle. Ein Mitarbeiter schaut ganz genau, ob das Brillenglas genauso gefertigt wurde, wie es sollte und keine Macken etc. aufweist. Erst nach sorgfältiger Prüfung werden die Brillengläser von Hand nach Indizes wie 1.6 oder 1.67 sortiert, denn der Lack muss zum Brechungsindex passen. Außerdem werden die Brillengläser in saubere Kästen umgesetzt. Dann geht  es in Richtung Hartbeschichtung.

Es wird beschichtet

Für die Tauchlackierung werden alle Brillengläser in Gestelle mit Klammern eingehängt. So durchlaufen sie sicher alle Tauchbecken der Hartbeschichtungsmaschine.

Vor der finalen Lackierung taucht das Brillenglas noch in verschiedene Reinigungs- und Vorbehandlungsflüssigkeiten ein. Erst dann werden die Gläser langsam in den speziellen Kunstharzlack getaucht und ebenso in einer genau festgelegten Geschwindigkeit wieder herausgezogen, damit die Schichtdicke genau so ist, wie sie sein soll.

Auch nach diesem Prozess müssen alle Brillengläser kontrolliert werden, bevor sie zur Aushärtung in den Ofen gehen. Dort verweilen sie vier Stunden lang, bis die Hartschicht gänzlich ausgehärtet ist.

45 Jahre Optovision

Optovision wurde 1979 von Günter Agotz und Jürgen Braun gegründet. Der Brillenglashersteller kann also in diesem Jahr seinen 45. Geburtstag feiern und zählt inzwischen über 400 Mitarbeiter weltweit. Viele Beschäftigte des Unternehmens am Standort in Langen sind seit mehreren Jahrzehnten im Team und haben diverse Meilensteine miterlebt. Dazu gehört auch die Übernahme durch den heutigen Mutterkonzern Rodenstock im Jahr 1998. Dadurch können wertvolle Synergien innerhalb der Gruppe genutzt werden, beispielsweise der Bereich Forschung und Entwicklung.

Für den nächsten Schritt, die Antireflexbeschichtung, werden alle Brillengläser in große Metallteile mit kreisrunden Öffnungen gelegt, die sogenannten Kalotten. Erst dann sind sie reif für die Hochvakuum-Beschichtungsanlage, wo durch Aufdampfen von verschiedensten Materialien, wie Quarz, Titanoxid etc., das sich auf den Gläsern niederschlägt, die Entspiegelungsschicht – und alle weiteren Spezialschichten – entstehen.

Danach ist das Brillenglas, so wie man es kennt, fertig. Ein letztes Mal wird es noch kontrolliert, bevor es endlich mit Transmed zum Kunden gehen darf, zumindest, sofern es nicht noch gerandet wird.

Die Fernrandung

Ein nicht unerheblicher Teil der Brillengläser, bis zu 70% schätzt Böttner, durchläuft noch einen weiteren Prozess: die Fernrandung. Hier passiert ähnliches wie in der Werkstatt beim Augenoptiker, nur dass die Durchlaufzahlen in den riesigen Maschinen erheblich höher sind und dass selbst jede Spezialfacette etc. vollautomatisch aufgebracht werden kann. 

Falls vom Augenoptiker gewünscht, wird das Glas sogar in die Brillenfassung montiert und dann dürfen auch diese Brillengläser endlich raus aus den großen Hallen. Noch schnell in die letzte Kontrolle, dann zur automatischen Eintütmaschine und es geht weiter in Richtung Augenoptiker.

Die Reise geht weiter

Für uns endet hier ebenfalls der erste Teil der Reise. In der nächsten Ausgabe lesen Sie dann, was wir im Gespräch mit der Geschäftsführung erfahren haben über das neue Image von Optovision und welche Produkte und Innovationen zu der neuen Außenwirkung beitragen sollen.

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