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Randbeschichtung beim Brillenglas

Bilder: Shape Engineering

Für ästhetische Brillanz und optimalen Sehkomfort

Im Rahmen dieses Artikels wird ein Einblick in die Motivation und die neuen Möglichkeiten zur Verbesserung von Sehen und Aussehen durch die farbige Beschichtung des Brillenglasrandes gegeben. Dabei sollen erst einmal weniger technologische Aspekte als vielmehr die erreichbaren Vorteile für den Brillenträger im Vordergrund stehen. 

Einfluss des Brillenglasrandes auf Sehen und Aussehen

Während das Brillenglas für das „Sehen“ zuständig ist, wird das „Aussehen“ durch die Brillenfassung bestimmt. Doch es gibt noch einen weiteren Faktor, der großen Einfluss auf Aussehen und Wirkung der Brille hat: Den Brillenglasrand. 

Abb. 2 verdeutlicht zwei optische Phänomene, die allgegenwärtig sind und durch Reflexionen am Brillenglasrand den Gesamteindruck der Brille und des Brillenträgers nachteilig beeinflussen. Die optische Stärke des Brillenglases führt bei Myopen zu Myopieringen, die abhängig von Glasstärke, Fassungsgröße und Blickwinkel für den Betrachter sichtbar sind. Sind Myopieringe bei geringeren Stärken nur unter flachen Betrachtungswinkeln zu sehen (s. Abb. 2 links), so werden die Ringe bei hohen Dioptriewerten auch bei frontaler Ansicht sichtbar und können die Ästhetik maßgeblich beeinflussen.

Der zweite Effekt, den wir hier ansprechen wollen, sind die umlaufenden weißen Reflexionen zwischen Fassung und Glas – englischsprachig „white rings“ genannt – die auch bei Plusgläsern auftreten können. Verursacht durch die diffus reflektierende Fläche des Brillenglasrandes leuchten sie je nach Beleuchtung mehr oder weniger stark auf und machen das eigentlich transparente Brillenglas für den Betrachter erkennbar. Für den einen oder anderen Branchenfremden, aber ästhetisch Interessierten wirkt der Brillenglasrand hierdurch – ganz im Gegensatz zu der perfekten optisch wirksamen Glasoberfläche und den hohen Oberflächenqualitäten der Fassungsflächen – roh bzw. nur grob bearbeitet.

Beide Phänome sind natürlich jedem Augenoptiker und vielen Brillenträgern bekannt und werden als unvermeidlich akzeptiert – „das war schon immer so“. 

Die Randbeschichtung eröffnet viele Möglichkeiten – von „unsichtbar“ bis „modisch individualisiert“

Mit der neuen Beschichtungstechnologie (shape·line) wird es nun möglich, diese am Brillenglasrand je nach Glasstärke unvermeidlich auftretenden Reflexionen farblich an die Fassung anzupassen und so insbesondere bei Kurzsichtigkeit die Ästhetik stark zu verbessern (Abb. 3). Das randbeschichtete Glas passt sich harmonisch in das Gesamtbild der Brille ein; es wird fast unsichtbar und je nach Blickwinkel nur noch an den farbigen Restreflexen der Entspiegelung zu erkennen. Um diesen Effekt bei möglichst vielen Fassungen erreichen zu können, werden aktuell 5 Beschichtungsfarben verwendet – Schwarz, Grau, Blau, Braun und goldfarben – die in der Farbpalette „classic line“ zusammengefasst werden. 

Eine andere Möglichkeit, die unschönen Reflexionen am Fassungsrand zu reduzieren und dem Kunden ein Mehr an Ästhetik und Perfektion zu bieten, ist die Verwendung von hauttonähnlichen Farben. Angelehnt an häufig in der Kosmetik verwendete Farben ist das Ziel, einen Einklang zwischen der Hautfarbe und den Reflexionen vom Glasrand zu erreichen und durch den reduzierten Kontrast einen harmonischen Gesamteindruck zu realisieren.

Ergänzt wird die Farbpalette durch die fünf knalligen Farben der „splash line“. Modebewusste Brillenträger können hier ihre Vorlieben ausleben. Wird die Farbe im Kontrast zur Brillenfassungsfarbe gewählt, kann der Rand des Brillenglases modisch betont werden – die Brille kann so ganz individuell an Wünsche des Brillenträgers angepasst werden, Abb. 4.
Es entstehen Brillen, bei denen nicht nur Glas und Fassung ein perfektes Finish besitzen, sondern auch der Übergang zwischen beiden – der Brillenglasrand – perfekt gestaltet ist.

Hightech aus Köln

In Summe bietet shape·line zur Markteinführung 15 Farben in 3 Linien an. Um ein Höchstmaß an Qualität für dieses spezielle Einsatzgebiet zu erreichen, erfolgt nicht nur die Entwicklung der Auftragstechnologie, sondern auch die Entwicklung der Beschichtungen intern bei Shape Engineering in Köln. Es kann so auf der einen Seite schnell auf Kundenwünsche reagiert werden und die Farbpalette optimiert oder erweitert werden. Auf der anderen Seite können die Beschichtungen so sehr viel besser auf die branchentypischen Anforderungen hin ausgelegt und intensiv geprüft werden. Die Beschichtungen sind für alle gängigen Glasmaterialien mit Brechungsindizes von 1.5 bis 1.74 verfügbar. Sie werden u.a. bzgl. der Belastbarkeit durch UV-Strahlung, Reinigungsmitteln oder auch Sonnencreme untersucht. Die Farbe der Beschichtungen ist langzeitstabil und ändert sich während der Lebensdauer einer Brille nicht.

Der Auftrag der Beschichtung erfolgt in einem automatisierten Prozess, bei dem das Material sehr präzise auf dem Rand appliziert wird. Ein vorheriges Abkleben oder nachfolgendes Abwischen von übergelaufener Farbe ist nicht notwendig. Das Glas selbst wird unter Beachtung einiger weniger Hinweise wie gewohnt randbearbeitet und zum Beschichten eingeschickt. Die Anschaffung von eigenen Geräten oder Hilfsmitteln durch den Augenoptiker ist nicht erforderlich.

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Die Randstärke bestimmt die Wirkung

Die Wirkung der Randbeschichtung hängt naturgemäß von der Randstärke der Brillengläser ab. Bei üblichen Randstärken werden mit Minusgläsern bei geeigneter Wahl des Brechungsindex bis ca. -6 dpt sehr gute Ergebnisse erzielt. Abb. 3 und 4 zeigen einige Beispiele. Auch ein moderater Überstand des hinteren Glasrandes ist in der Regel unproblematisch. Wird der Glasrand durch Wahl eines preisgünstigen Glases (z.B. n=1.5) oder einer großen Fassung besonders dick, so empfiehlt sich die Wahl einer kontrastierenden Beschichtung aus „cosmetic line“ oder „splash line“. Farbgleich mit der Fassung gewählte Farben können dann zu „dominant“ wirken. 

Auch wenn die Randstärke durch hohe Korrekturwerte steigt, bietet sich die bewusste Wahl von Kontrastfarben zur Erzielung ästhetischer Lösungen an. Abb. 5. zeigt eine Brille mit -13/-16dpt – mit und ohne Beschichtung. Die dicken Brillenglasränder werden so zwar nicht „unsichtbar“, es entsteht aber eine Lösung, die Kunden begeistert.

Die Beschichtung hat bei diesen hohen Glasstärken einen weiteren positiven Aspekt. Die Einkopplung von Licht von außen über den deutlich überstehenden hinteren Glasrand wird durch die Beschichtung geblockt. Das hier normaler­weise entstehende Streulicht wird eliminiert und das Sehen insbesondere am Arbeitsplatz oder bei Autofahrten wird von den Kunden als sehr viel angenehmer beschrieben. 

Streulicht eliminieren für einen optimalen Sehkomfort

Noch stärker wird dieser Effekt von Brillenträgern bei schwarzen Randbeschichtungen beobachtet. Schwarze Randbeschichtungen (s. Abb. 3) absorbieren sämtliches vom Rand ausgehendes Streulicht und stellen in Kombination mit einer hochwertigen Antireflexbeschichtung einen optimalen Sehkomfort z.B. beim Autofahren her. Alle 12 Personen, die im Rahmen der praktischen Langzeiterprobung Gläser (Bereich -2 bis -6,25 dpt) mit einer schwarzen Randbeschichtung trugen, berichten von einem deutlich besseren Sehen, insbesondere am Arbeitsplatz, bei Nachfahrten, beim Fernsehen, im Kino aber auch ganz allgemein. Besonders aufgefallen ist ihnen das bei erneuter Verwendung ihrer bisherigen Brillen – sie sahen auf einmal Reflexionen, die sie vorher gar nicht bemerkt hatten. Wiederkaufsrate 100%.

Ohne Übertreibung kann festgehalten werden, dass dunkle, stark absorbierende Randbeschichtungen ein Standard bei hohen Anforderungen an den Sehkomfort sein sollten. Sie blocken nicht nur das von außen auf den Glasrand auftreffende Licht, sondern verhindern durch Absorption auch alle inneren Reflexionen. Ein Zusammenhang, der im Bereich der Feinoptik schon seit langem bekannt ist. Zum Beispiel werden bei Optiken für hochwertige Objektive grundsätzlich alle Optikränder geschwärzt. Dieses Potenzial für besseres Sehen kann nun auch für die Augenoptik erschlossen werden.

Wie aus den bisherigen Ausführungen zu entnehmen, eröffnet diese innovative Technologie kurzsichtigen Brillenträgern ganz neue Möglichkeiten. Aber auch bei Plusgläsern kann der Gesamteindruck der Brille optimiert werden. Abb. 6 zeigt eine Gleitsichtbrille geringer Stärke (+1/+1,25dpt), deren Glasränder passend zur Bügelfarbe mit „splash green“ beschichtet wurden. Die farbigen Glasränder, die durch die geringe Randstärke dezent wirken, geben der Brille ein interessantes, besonders wertiges Aussehen.

Die neue Technologie kennenlernen und nutzen

Um interessierte Augenoptiker bei der Kundenberatung zu unterstützen, gibt es für teilnehmende Augenoptiker eine hochwertige Box mit bis zu 15 Glasmustern in unterschiedlichen Farben, Abb. 7. Eingeteilt in die Linien „classic“, „cosmetic“ und „splash“ und ergänzt mit zwei optikerspezifischen Musterfassungen können damit dem Kunden die neuen Möglichkeiten visuell vorgestellt und seine Wünsche adressiert werden. Werden die Musterfassungen auf der einen Seite mit einem beschichteten und auf der anderen Seite mit einem unbeschichteten Glas versehen, so werden die Vorteile auch für jeden Laien leicht verständlich und erfahrbar.

Da die hier vorgestellte Technologie eine echte Innovation ist, ist sie auch für alle Augenoptiker Neuland. Auf der kommenden Opti 2024 gibt es nun weltweit erstmalig Gelegenheit, sich die neuentwickelte Randbeschichtung anzusehen und mit dem Entwicklerteam über Möglichkeiten und Potenziale zu sprechen. Es werden diverse Glasmuster und verglaste Brillen verfügbar sein, um jedem Interessierten die Gelegenheit zu geben, sich selbst ein Bild zu machen. Können Sie nicht zur Messe kommen? Nutzen Sie einfach E-Mail oder Telefon – das Team freut sich über Ihre Kontaktaufnahme.

Prof. Dr. Jörg Luderich leitet das Labor für Produktentwicklung und den MakerSpace an der TH Köln. Basierend auf 35 Jahren Erfahrung in der optischen Industrie erforscht er Produktionssysteme für die adaptive Herstellung von kundenindividuellen Produkten. Ein Schwerpunkt sind additive Verfahren und unkonventionelle Beschichtungsverfahren. 

Christian Pöpperl, M.Eng., ist Maschinenbauingenieur und geschäftsführender Gesellschafter der Shape Engineering GmbH. Seit 15 Jahren arbeitet er im Umfeld der augenoptischen Industrie und entwickelt gemeinsam mit seinem Team seit 2017 erfolgreich Produktionssysteme und Prozesstechnik für ein breites Anwendungsfeld. Mit shape·line erfolgt die Markteinführung des ersten hauseigenen Produktes für ein breites Publikum.

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