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DOG: Wie Bluthochdruck das Augenlicht zerstören kann

Frau hält sich Hände vor das Gesicht
Wenn es plötzlich schwarz wird, kann Bluthochdruck (Hypertonie) der Grund dafür sein. Bild: Valeriia Miller/Unsplash

Der 17. Mai ist Welthypertonietag

Bluthochdruck kann auch die Gefäße am Auge schädigen. Mit welchen Sehstörungen sich ein Gefäßverschluss bemerkbar macht, was bei einem Schlaganfall im Auge zu tun ist und wie man Durchblutungsstörungen rechtzeitig erkennt und vorbeugt, erläutert eine DOG-Expertin anlässlich des heutigen Welthypertonietages, der jedes Jahr am 17. Mai begangen wird.

Professor Dr. med. Sandra Liakopoulos von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e.V. (DOG) gibt zudem einen Ausblick auf die faszinierenden Erkenntnisse, die Künstliche Intelligenz aus einer einfachen Augenhintergrunduntersuchung ableitet.

Wenn es plötzlich schwarz wird

Ein hoher Blutdruck greift nicht nur die Gefäße am Herzen oder in den Beinen an, sondern schädigt auch Arterien und Venen in den Augen – und mitunter stellen Augenärzte eine Hypertonie fest, noch bevor Betroffene davon wissen. „Dafür genügt eine einfache Untersuchung des Augenhintergrundes mit Spaltlampe und Lupe“, erklärt Professor Dr. Liakopoulos, die an der Universitätsaugenklinik in Frankfurt am Main tätig ist und das Zentrum Bildanalyse für klinische Studien an der Universitätsklinik Köln leitet. „Liegt ein Bluthochdruck vor, erscheinen die Gefäße der Netzhaut enger, rigider, sie verhärten sich“, erläutert die DOG-Expertin.

Sehsturz – ein Notfall, der Erblindung zur Folge haben kann

Auch wenn das zunächst keine Schmerzen verursacht, muss der Bluthochdruck behandelt werden. Sonst drohen Veränderungen an den Gefäßen, der Netzhaut oder dem Sehnerv, in fortgeschritteneren Fällen sogar Blutungen und Infarkte. „Ein solcher Sehsturz, bei dem ein Blutgerinnsel ein Augengefäß verschließt, ist besonders bedrohlich und immer ein Notfall“, betont Liakopoulos. „Denn der Gefäßverschluss unterbricht die Sauerstoffversorgung der Netzhaut, was zum Absterben von Sehzellen und damit zur Erblindung führen kann.“ Während Verschlüsse von Arterien im Auge selten sind, kommen Venenverschlüsse sehr viel häufiger vor.

Dabei treten unterschiedliche Symptome auf. „Bei einem Venenverschluss sieht der Betroffene auf einem Auge zunehmend verschwommen, oft wie durch einen grauen Schleier“, erklärt die Augenärztin. Der arterielle Verschluss macht sich dagegen schlagartig bemerkbar. „Dann wird es auf einem Auge von einem Moment auf den anderen schwarz, oft legt sich ein Schatten auf das gesamte Blickfeld“, beschreibt die Expertin. Unbehandelt führe ein arteriell bedingter Augeninfarkt in rund 95% der Fälle zu einem schweren und dauerhaften Sehverlust im betroffenen Auge.

Zweiten Augeninfarkt verhindern

Wer plötzlich auf einem Auge nichts mehr sieht, sollte deshalb sofort ein Krankenhaus aufsuchen, das über Augenklinik und Neurologie verfügt. „Dieses Symptom muss man sehr ernst nehmen, weil ein Infarkt am Auge das Risiko für einen nachfolgenden Hirninfarkt um das 15-fache erhöht“, betont Liakopoulos. Ärzte untersuchen deshalb Halsschlagadern und Herz, und sie prüfen, ob die Autoimmunerkrankung Riesenzellarteriitis vorliegt. „Um das zweite Auge vor einem Infarkt zu schützen oder gar einen Hirn- oder Herzinfarkt zu verhindern, wird außerdem die tägliche Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten verordnet“, so Liakopoulos.

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Auch wenn bei einem arteriellen Verschluss meist Sehkraft unwiederbringlich verloren geht, könne in den ersten 4,5 Stunden eine Lysetherapie erwogen werden, um den Blutfluss im betroffenen Gefäß wieder herzustellen und Sehkraft zu retten. „Wie gut das intravenös verabreichte Lyse-Medikament auf das Blutgerinnsel im Auge wirkt, wird derzeit in einer großen Studie mit 30 Zentren in ganz Deutschland untersucht“, berichtet die Expertin.

Injektionen und Laser als Möglichkeiten, Risikofaktoren meiden

Komme es zum Verschluss eines venösen Gefäßes am Auge, sei ebenfalls Dringlichkeit angesagt. „Wer auf einem Auge zunehmend verschwommen sieht, sollte unverzüglich eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen“, rät Liakopoulos. Ist tatsächlich eine Vene verstopft, stehen verschiedene Therapien zur Verfügung, um die Sehkraft wieder zu verbessern. „Hat sich etwa Wasser in der Makula eingelagert, dem zentralen Punkt für die Sehschärfe, können Anti-VEGF-Injektionen die undichten Gefäße wieder verschließen“, erläutert die Augenärztin. Ein Lasereingriff kann erforderlich werden, um zu vermeiden, dass sich in nicht durchbluteten Netzhautarealen neue, schädliche Gefäße bilden.

Wer sein Augenlicht schützen will, ist daher gut beraten, Risikofaktoren für Gefäßverschlüsse zu minimieren. „Dazu zählen Erkrankungen wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte oder Diabetes mellitus, die gut behandelt sein sollten“, sagt Liakopoulos. Auch der Lebensstil trägt dazu bei, Infarkte und Thrombosen zu vermeiden. „Rauchen, regelmäßiger Alkoholkonsum, ungesunde Ernährungsweise, mangelnde Bewegung und ungenügende Flüssigkeitszufuhr begünstigen Gefäßverschlüsse“, erklärt Liakopoulos. Menschen mit Risikofaktoren sollten den Augenhintergrund mindestens alle zwei Jahre untersuchen lassen.

Was KI bereits erkennt

Hier eröffnet die Künstliche Intelligenz (KI) große Chancen. „Es ist faszinierend, was die KI an einer Aufnahme des Augenhintergrunds alles errechnen kann“, sagt Liakopoulos. Nicht nur Gefäßveränderungen, Bluthochdruck und das Risiko für Herzkreislauferkrankungen würden von den Algorithmen erkannt. „Die KI kann sogar das Geschlecht mit einer Zuverlässigkeit von 97% und das Lebensalter auf drei Jahre genau bestimmen“, so die DOG-Expertin. In Zukunft könnte KI beim Screening allgemeiner Erkrankungen daher eine große Rolle spielen.

Quelle: DOG

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