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Eschenbach: Eine Brille für den Helm

„Riders of the Flex“ als speziell konzipierte Motorradhelmbrille. Fotos: Eschenbach
„Riders of the Flex“ als speziell konzipierte Motorradhelmbrille. Fotos: Eschenbach

Spezielles Designkonzept für moderne Mobilität

Unsere neue Mobilität erfordert zu unserem Schutz in vielen Bereichen das Tragen eines Helms. Nicht immer ist es der enganliegende schwere Motorradhelm, der zum Einsatz kommt. Sei es beim E-Scooter-Fahren, Skaten oder Skifahren: Helme kommen heute sehr selbstverständlich zum Einsatz. Aber jeder, der schon einmal dem konstanten Druck auf Schläfen oder Ohrmuscheln durch Kopfhörer, Brillenfassung oder zu engem Fahrradhelm ausgesetzt war, kennt das Problem: Es entwickelt sich ein penetranter Schmerz, der auch noch anhält, lange nachdem die Druckquelle entfernt wurde. Dieses Problem kannten auch die Piloten der deutschen Luftwaffe. Die Entwicklung der sogenannten „Fliegersonderbrille“ von Eschenbach wurde das Vorbild für neue Kollektionen moderner Helmbrillen.

Es mag einfach erscheinen, doch das ist es keineswegs: Die Konzeption einer Helmbrille. Ihre Entwicklung geht zurück auf das Jahr 2006 und hat dabei mehrere Stadien durchlaufen. Einer, der von Anfang an dabei war und an ihrer Entwicklung maßgeblich beteiligt war, ist Harald Heinrich (Produktdesigner seit 1999 bei Eschenbach). „Eine bequeme Brille zu entwerfen, die die anatomischen Gegebenheiten des Kopfes in Verbindung mit dem Tragen eines Helms verbindet, war damals eine Herausforderung“, sagt Harald Heinrich.

Fliegersonderbrille als Konzept

Zu diesem Zweck besuchten er und ein Kollege Anfang 2007 mehrere Luftwaffenstützpunkte in Deutschland. Es galt für die Entwicklung herauszufinden, unter welchen Bedingungen die Piloten die Brillen tragen, welche Blickwinkel berücksichtigt werden müssen, und ob es sich um eine universelle Brillenfassung handeln sollte, die für Hubschrauberpiloten oder Kampfjetpiloten gleichermaßen konzipiert sein müsste. Ein Helm der Luftwaffe ist dabei prall gefüllt mit allerlei hochtechnologischem Equipment, so dass zusammen mit dem Helm ein beachtliches Gewicht auf die Waage gebracht wird! Die Sicht wird zudem häufig durch verschiedene Prismen oder Visiere gelenkt. Diese Brille musste also vielen Anforderungen gleichzeitig gerecht werden.

Etliche Skizzen und Entwürfe, die Materialauswahl und Testreihen gingen voraus, bevor der Prototyp zum Einsatz kam. „Wir brauchten rund zwei Jahre“, erinnert sich der Designer heute, „für die sogenannte ‚Fliegersonderbrille‘ bis zur Produktionsreife. Das war verhältnismäßig lang gegenüber einer normalen Alltagsbrille, die im Schnitt vier Monate für die reine Entwurfsphase benötigt.“

Harald Heinrich
Harald Heinrich

Die Erkenntnisse: Sie musste recht simpel und leicht sein. Nach dem Aufsetzen des Helms musste sie sich leicht aufsetzen lassen und durfte nicht stören oder gar drücken. Die Brillengläser bekamen die Form einer leicht abgeflachten Panto-Form und die Fassungs-PD war eher klein. Die Brillenbügel wurden als Steckbügel konzipiert, die nicht federn sollten. Der Clou lag jedoch in der Form und der Beschaffenheit der Bügel: eine Verjüngung der Form an der richtigen Stelle mit der Kombination aus dünnem und zugleich stabilem Material machte die Brille zu einem komfortablen Werkzeug unter dem Helm. 

Hier entschieden sich die Entwickler für Titan, das mit einem sehr dünnen Kunststoffüberzug versehen war. Auch mussten die Bügel anpassbar und vor allem leicht zu kürzen sein. Dazu hat sich das Entwicklungsteam etwas Besonderes einfallen lassen: Der Kunststoff ist gleich hinter der Brillenbacke durch Einkerbungen gekennzeichnet. Diese sind keinesfalls nur ein schmückendes Merkmal. Hier stand die Funktionalität im Vordergrund, denn es sind Einkerbungen, die sich zum Kürzen der Bügel mit einem Cuttermesser um den Betrag des gekürzten Metallteils des Bügels leicht entfernen lassen. „Der Look und ihre Funktionalität der Brille richtete sich vor allem an den Vorgaben der Piloten aus – und diese hat sich bewährt, denn sie hat sich über die Jahre kaum verändert“, erinnert sich Harald Heinrich.

Von der Luft auf die Straße

Bevor diese Brille ihren Weg jedoch in die kommerzielle Nutzung fand, dauerte es noch einmal einige Jahre. Denn nicht nur Piloten fanden Gefallen an ihr. Auch Motorradfahrer suchten bei der Auswahl einer geeigneten Brille, die sich zum Tragen unter dem Helm eignet. Insbesondere vor gut zehn Jahren gab es hier eine größere Nachfrage, als die Generation, deren Kinder mittlerweile das Haus verlassen hatten, wieder ihrem Hobby, dem Motorradsport, frönen konnte. Gerade diese Kunden hatten zudem die finanzielle Ausstattung, sich zu diesem Zweck eine Motorradbrille als Extra leisten zu können.  

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So diente die „Fliegersonderbrille“ als Grundlage für das Designkonzept der modernen Helmbrillen. Doch ein Motorradhelm verfügt über andere Eigenschaften als ein Pilotenhelm. So verhindern hier Aussparungen im Helm den unangenehmen Druck an den Schläfen, aber dafür sollte der Bügel etwas breiter, möglichst flach, gekurvt und mehr wie ein Sportbügel geformt sein, um sich gut und stabil zwischen Schläfe und Helminnenseite führen zu lassen. Die ersten Titanflex-Sonnenbrillen speziell für Motorradfahrer kamen dann im Herbst 2015 auf den Markt. Unter dem Namen „Riders of the Flex“ wurden ab Januar 2019 mittlerweile vier Fassungen für Biker auf den Markt gebracht.

Mobilität heute

Blicken wir heute auf das Tragen von Helmen: Die Mobilität in Großstädten und Ballungszentren hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Eher weg von Verbrennungsmotoren hin zu nachhaltigen Fortbewegungsmitteln. Fahrradkuriere, Junge Scooter-Fahrer und auch immer mehr junge Frauen sind motorisiert, zum Teil auch schon elektrisch. Bei Pedelecs und E-Bikes beispielsweise, die mitunter deutlich höhere Geschwindigkeiten auf Dauer erreichen als normale Fahrräder, ist der Schutz des Kopfes umso wichtiger. Auch die Nutzung von E-Scootern, egal ob als Leihvariante vom Straßenrand oder als eigenes Fahrzeug, ist heute der Alltag. Oftmals ist es eine Vernetzung verschiedener Formen des Individualverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs, bei denen nachhaltigere Energieträger genutzt werden. 

Helme zu tragen wird dabei mehr und mehr etabliert, auch wenn eine Vorschrift, abgesehen von der Tragepflicht z.B. für versicherungspflichtige, schnelle E-Bikes für die meisten Fahrzeuge durch den Gesetzgeber nicht gegeben ist. Eltern fungieren als Vorbild für ihre Kinder und tragen beim Fahrradfahren ihren Helm. So setzt sich der Sinn für die eigene Sicherheit zunehmend weiter durch. Auch auf Ski-Pisten, beim Klettern, auf Bike-Trails oder Skate-Bahnen sind Personen ohne Helm nur noch absolute Randerscheinungen. 

Diesen auch kulturellen Wandel unterstützt der Hersteller aktuell mit seinem neuen Konzept „New Mobility“ unter der Marke Titanflex, einer Serie von Brillen für Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Dieser speziell konzipierte Tragekomfort wird nun auch für Helmträger angeboten, die mit Fahrrad, E-Scooter oder anderen individuellen Verkehrsmitteln sicher unterwegs sein wollen.

Die Modelle sind mit den schon von den „Riders of the Flex“-Modellen bekannten Steckbügeln ausgestattet. Anders als das Konzept der Fliegerhelmbrillen: Brücke und Bügel sind nun aus Titanflex. Somit verzeiht das Material die physikalische Belastung, die der Träger beim Aufsetzen möglicherweise ausübt. Diese Brillenfassungen sind so designt, dass sie sich als ganz normale Alltagsbrillen eignen. Somit sind sie sowohl für Einstärken- und Gleitsichtsichtgläser als auch Sonnenbrillen geeignet.

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