Preise für Augenoptik-Geschäfte: Unstetiges Bild für 2023
Jahresanalyse der AOS Unternehmensberatung GmbH
Auch wegen der herausfordernden Rahmenbedingungen haben sich die Kaufpreise für augenoptische Geschäfte im letzten Jahr uneinheitlich entwickelt. Ein weiter steigendes Angebot an Geschäften, die zum Verkauf stehen, trifft dabei auf eine stabile, in Teilsegmenten aber auch sinkende Nachfrage. Die unsichere Konjunkturlage und insbesondere die hohen Zinsen deuten laut den Experten der AOS Unternehmensberatung GmbH nicht auf eine schnelle Veränderung hin.
Die Unternehmensberater aus Dortmund, die durch viele Unternehmensbewertungen sowie durch die Betreuung von Geschäftsverkäufen bzw. Nachfolgeregelungen in der Augenoptik einen umfassenden Branchenüberblick haben, geben auf Basis ihrer jährlichen Analyse einen Ausblick auf die Entwicklung bei Geschäftskäufen und -verkäufen.
„Das Interesse an augenoptischen Geschäften ist im vergangenen Jahr in einigen Teilbereichen stabil geblieben, in anderen Segmenten aber auch rückläufig und zum Teil sogar deutlich rückläufig. Und das trotz der Tatsache, dass sich mittelständische augenoptische Fachgeschäfte auch im letzten Jahr im Großen und Ganzen wirtschaftlich ordentlich bis gut entwickelt haben.
Unterschiede zwischen großen, mittleren und kleinen Augenoptik-Betrieben
Bei größeren inhabergeführten Geschäften (ab ca. 800T Euro Netto-Jahresumsatz) ist das Interesse von Kaufwilligen ungebrochen. Hier sind fast ausnahmslos Käufer unterwegs, die bereits Geschäfte führen und expandieren wollen. Bei diesen Geschäften sind die Preise weiter auf sehr gutem Niveau. Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich. Trotzdem wird auch hier nicht „blind“ gekauft, sondern individuell die Qualität des Objekts geprüft.
Bei mittelgroßen Geschäften (400T bis 800T Euro Netto-Jahresumsatz) kommen neben den oben genannten Investoren Existenzgründer als potenzielle Käufer hinzu. Auch hier ist die Nachfrage noch gut.
Bei den kleineren Geschäften (250T bis 400T Euro Netto-Jahresumsatz) zeichnet sich ein weiterer Rückgang der Nachfrage ab. Diese Geschäfte stehen häufig im Fokus von Existenzgründern. Hier ist es noch wichtiger, einen Berater zu finden, der eine sehr gute Vernetzung in die Branche hat, um überhaupt geeignete und interessierte Käufer zu finden.
Geschäfte mit geringeren Umsätzen finden immer häufiger leider keinen Käufer. Der Umsatz, bei dem ein Verkauf so gut wie unmöglich ist, hat sich auch im letzten Jahr weiter nach oben entwickelt und liegt deutlich über 200T Euro Umsatz netto im Jahr. Somit bleiben auch Schließungen von Geschäften weiter ein Thema. Aber auch hier lässt sich mit einer guten Planung eines Räumungsverkaufs, verbunden mit einer Übergabe von Kundendaten sowie Verkauf von Maschinen und Geräten ein ordentlicher Überschuss erzielen. Auch dieses Vorhaben sollte immer unter Begleitung eines fachkundigen Beraters durchgeführt werden, denn hier lauern mehrere Fallstricke, die zu beachten sind.
Gründer zeigen sich aktuell immer vorsichtiger. Die Unsicherheit, wie sich die Konjunktur, die Konsumneigung der Verbraucher, die Inflationsraten und weitere Parameter entwickeln, lassen viele ihre Übernahmeüberlegungen verschieben.
Etwas bessere Karten hat der Betriebsinhaber, der einen übernahmewilligen Mitarbeiter oder Nachfolger in der Familie hat. Die größere Nähe der Akteure zueinander ist aber nicht immer nur ein Vorteil, sodass auch dieser Übergabeprozess optimal geplant und moderiert werden muss.
Käufer suchen Geschäfte in unmittelbarer Wohnnähe
Auffallend ist die geringe Mobilität von Gründungswilligen. Die meisten Käufer suchen Geschäfte, die sie von ihrem bisherigen Lebensmittelpunkt gut erreichen können. Das Risiko eines Umzugs gehen Gründer immer seltener ein. Dazu kommt, dass für viele Gründer die Work-Life-Balance an Bedeutung gewonnen hat. Dies ist oft nicht kompatibel mit der Übernahme eines Geschäfts. Und wenn doch, werden Geschäfte mit ausreichend Mitarbeitern in einer gewissen Größe gesucht, die mehr Freiraum bieten.
Auch ein höhere Frauenanteil im Beruf führt zu rückläufiger Nachfrage nach Geschäften. Das liegt nicht an fehlender Kompetenz oder an fehlendem Mut von Frauen, sich selbständig zu machen. Aber trotz des gesellschaftlichen Wandels tragen Frauen auch heute noch einen Großteil der Familienlast. Dies fällt in eine Phase des Lebens, in der eine Übernahme üblicherweise interessant ist.
Unternehmen mit einer ausgeprägten Spezialisierung, z.B. auf optometrische Dienstleistungen oder Kontaktlinsen, sind weiterhin schwer zu veräußern, da diese Fachgeschäfte häufig eine überdurchschnittlich hohe Bindung an den Inhaber aufweisen. Diese Prägung und das spezielle Knowhow stellen ein Risiko für einen Erwerber dar. Bei diesen Geschäften ist es noch wichtiger, dass Verkäufer und Käufer gut zueinander passen, da eine intensive Begleitung des Verkäufers nach der Übergabe von großer Bedeutung ist.
Hürde: Personalsituation
Zur größten Hürde bei einer Betriebsübergabe in der Augenoptik wird immer häufiger die Personalsituation in den Betrieben. Denn gerade für Investoren wird die Wiederbesetzung der Stelle des alten Inhabers immer mehr zu einer Herausforderung. Wenn dann noch andere Mitarbeiter bereits älter sind oder im Betrieb kein weiterer Meister vorhanden ist, kann selbst der Verkauf eines wirtschaftlich interessanten Geschäfts kompliziert werden.
Das wichtigste Thema für Interessenten an Geschäften ist aber aktuell das Zinsniveau. Insgesamt haben sich die Darlehenszinsen auch bei Nutzung von öffentlichen Mitteln mehr als verdoppelt. Dazu kommt, dass Banken wieder vorsichtiger werden.
Die Bandbreite am Markt erzielter Verkaufspreise lag über alle Größenklassen und Regionen im Jahr 2023 zwischen 13% und bis über 95% eines Jahresumsatzes inkl. eines üblichen Warenbestands. Bei den großen Geschäften sind das immer noch Höchstpreise. Bei den kleinen Geschäften war dieser Wert noch nie so gering.
Wer jetzt denkt, der Umsatz allein würde automatisch für Höchstpreise sorgen, wird enttäuscht. Hier gibt es unter anderem regionale Unterschiede. Aber auch eine Reihe weiterer Aspekte spielt eine wichtige Rolle. So hängen wichtige Einflussfaktoren wie Positionierung, Rechtsform, Lage, Inhaberabhängigkeit und Personalsituation, Mietvertrag, Stückzahlen, Durchschnittspreis, Qualität und Wert der Aktiva, die Strukturdaten des Ortes, der Investitionsbedarf, die Wettbewerbssituation, weitere Sortimente sowie viele andere Rahmenbedingungen gar nicht oder nur bedingt vom Umsatz oder Gewinn ab, sind aber auf jeden Fall preisrelevant. Und nicht zuletzt bestimmen am Ende Angebot und Nachfrage den Preis der Geschäfte.
Um schwerwiegende und teure Fehler bei einer Übernahme oder Übergabe zu vermeiden, ist eine professionelle und branchenerfahrene Beratung notwendig. Insbesondere sollte die Beratung vom Erstgespräch bis zum Kaufvertrag aus einer Hand sein, um die Abstimmungen in diesem komplexen Prozess zu erleichtern. Fehler in den einzelnen Phasen der Übergabe können für den Käufer und Verkäufer schwerwiegende Folgen haben. Gerade bei den Verhandlungen mit erfahrenen Käufern kann es hilfreich sein, einen Experten an seiner Seite zu haben.
Und letztendlich geht es bei diesem Thema nicht nur um Zahlen, Daten und Fakten, sondern um Lebensentscheidungen mit einer dementsprechend hohen emotionalen Komponente. Das bedeutet, dass die Menschen nie aus dem Blick geraten sollten.“
Autoren: Stefan Herburg, Diplom-Volkswirt und Ingo Kemmer, Diplom-Kaufmann / AOS Unternehmensberatung GmbH