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23. MAFO – The Conference in Mailand

Brillenglasherstellung in einer smarten Welt

Was treibt die Brillenglasindustrie um, welche Trends und Entwicklungen werden uns die nächsten Jahre begleiten? Diese und ähnliche Fragen werden auf der jährlich stattfinden MAFO – The Conference diskutiert. Verschiedenste Referenten aus der ganzen Welt geben Einblicke in innovative Technologien, neue Prozesse und Produkte der Zukunft. Sei es über smarte Autofokus-Brillen, die autonome Refraktion und mehr. Auch in diesem Jahr wurde die Veranstaltung wieder durch rege Diskussionen nach den Vorträgen bereichert. 

Einen Tag vor der Mido, am Freitag, den 7. Februar 2025, fand MAFO – The Conference statt. Die Veranstaltung wird von MAFO, dem Schwestermagazin des FOCUS, organisiert und richtet sich an Brillenglasexperten aus der ganzen Welt. In diesem Jahr fand das Event zum 23. Mal statt und vereinte mehr als 90 internationale Teilnehmer. Außerdem referierten 15 Vortragende über topaktuelle Branchenthemen. Der Schwerpunkt in diesem Jahr galt dem Thema „The optical lab in a smart world“.

Moderiert wurde das Event wieder vom langjährigen Chairman Dr. Peter Baumbach. Wie gewohnt lockte er die Vortragenden auch gerne mal aus der Reserve und leitete mit besten Fachkenntnissen und etwas Humor durch den Tag.

Autofokus-Brillen für Presbyope 

Ein Sprung ins kalte Wasser dürfte für viele der erste Vortrag des Tages gewesen sein. In diesem stellten Dr. Bruno Berge und Dr. Jessica Jarosz von Laclareé eine Version für die Brille der Zukunft für Presbyope vor, die sehr nach Science-Fiction klingt – aber in naher Zukunft auf den Markt kommen soll. Die smarte Brille stellt sich per Autofokus auf unterschiedliche Brennweiten ein, sodass der Nutzer in jeder Entfernung scharf sehen kann – ganz ohne Gleitsichtbrille.

Das Funktionsprinzip der e-focus Technologie ist folgendermaßen: Mit Flüssigkeit gefüllte Linsen werden von verformbaren Membranen getrennt. Die Wirkung entsteht durch Veränderung der Membrankrümmung. Die Objektdistanz wird mithilfe eines Infrarotsensors gemessen und in Echtzeit angepasst. Mit der Brille können übliche Ametropien ebenso korrigiert werden wie Additionen von bis zu 3 Dioptrien. 

Die Erweiterung des Satz von Minkwitz

Mathematisch wurde es im Vortrag von Dr. Wolfgang B­ecken (Rodenstock). Schritt für Schritt erläuterte hier der Experte, warum das Unternehmen seit neustem darauf setzt, den Satz von Minkwitz zu erweitern und hieraus einen generalisierten Minkwitz-Satz ableitet. Gleitsichtgläser sollen von der Generalisierung profitieren, da ungewollte Astigmatismen in der Peripherie reduziert werden. Gemeinsam mit dem Konzept des Sensitivitätsindex können hoch individuelle Brillengläser für unterschiedlich empfindliche Nutzer entstehen. 

Um das Design von Brillengläsern ging es auch im nächsten Beitrag, hier allerdings um Brillengläser für die jüngste Zielgruppe. Dr. Hua Qi von Hoya erläuterte in seinem detail­lierten Vortrag vor der anwesenden Expertengruppe, wie man beispielsweise die optische Leistung eines Brillenglases mit Mikrolinsen-Struktur valide bewerten kann.

Trendthema automatische kosmetische Inspektion

Die automatische kosmetische Inspektion ist aktuell ein wichtiges Thema für Brillenglas- und Maschinenhersteller, da der Prozess bis vor kurzem als nicht automatisierbar galt. Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz haben dies nun geändert. Da verwundert es nicht, dass auf der Konferenz gleich zwei Vortragende dieses Thema beleuchteten.

Es begann Dr. Marcel Mahner von Schneider, der eine Gesamt-Inspektionslösung vorstellte. Einerseits dank der neuen Stärkenmessung, die bereits auf dem geblockten Glas und in der Reihe erfolgt. Andererseits dank einer neuen Lösung, die die Stärkenmessung über die gesamte Fläche und KI-basierte kosmetische Inspektion vereint.

Hierauf folgten Dr. François Van Lishout und Eduardo Pascual (Automation & Robotics und IOT), die die kosmetische Inspektion aus einer weiteren Perspektive beleuchteten, indem sie eine reine KI-Strategie einer hybriden KI-Strategie gegenüberstellten und Erkenntnisse aus einem Pilotprojekt präsentierten. 

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Wege zur nachhaltigeren Produktion

Für die nachhaltigere Produktion in der Brillenglasherstellung ist es ein Schritt, Papier zu reduzieren. Das ist beispielsweise möglich, indem ein sogenanntes E-Ticket die traditionellen Papier-Laufzettel in der Produktion ersetzt. In ihrem Vortrag stellten Joanna Zhang und Xavier Bultez von Satisloh jedoch noch weitere Vorzüge vor, die auch die Effizienz erhöhen können, beispielsweise dank des Trackings der Aufträge.

Weiter mit dem Thema Nachhaltigkeit ging es beim Vortrag von Jamal El-Hindy von Filtertech, der über die Vorzüge des sinnvollen Abfallmanagements und das Filtern und die Weiterverwendung von Wasser, Schleifresten und mehr in der Produktion referierte.

Digitaldruck von Farbe auf Brillengläsern

Passend dazu ging es mit einer nicht ganz neuen, aber eher unüblichen Methode zum Färben bzw. Bedrucken von Brillen­gläsern weiter, die laut den Vortragenden den Wasserverbrauch erheblich reduziert.  Koji Abe und Miho Uechi von Nidek stellten vor, wie das Unternehmen seit 20 Jahren mithilfe einer trockenen Druck-Methode Farbe auf Brillengläser aufbringt. Statt mit der üblichen Dipping-Methode wird hier auf eine Transferfolie gedruckt, die die Farbe dann wiederum auf das Brillenglas überträgt.

Die Brücke zum Augenoptiker

Die letzten drei Vorträge des Tages behandelten Themen, die für Augenoptiker ebenso wie für Glashersteller relevant sind. So referierte Augenoptikermeister André Durow beispielsweise über die Preisgestaltung von Brillengläsern und die geringe Vergleichbarkeit aus Kundenperspektive. Dass es schwieriger ist, Brillengläser zu vergleichen als ­Autos, da dürften die meisten Experten wohl zustimmen. Inwieweit hier jedoch auch Entwickler, Hersteller oder Augenoptiker in der Verantwortung sind, dies zu ändern, darüber gab es am Konferenztag keinen Konsens – dafür jedoch Gesprächsstoff.

Pau Artús von Horizons erläuterte in seinem Beitrag zum Thema moderne Zentriermethoden im Verkauf, wie Künst­liche Intelligenz die modernen Messmethoden in Hinsicht auf Präzision und Zeitaufwand bereichert und das Kundenerlebnis verbessert. 

Die autonome und lebensnahe Refraktion

Ebenso wie der erste Vortrag des Tages hatte auch der letzte Beitrag von Dr. Tomas Sluka (CREAL) etwas von Science-Fiction für die Brille. Im Mittelpunkt stand in diesem Fall ein besonderes Lichtfeld-Display, das einerseits die subjektive Refraktion revolutionieren soll und andererseits auch für smarte Brillen spannend werden könnte.

Die Technik soll die Nutzererfahrung revolutionieren, da ­jedes denkbare Bild digital erzeugt werden kann. Zudem erlaubt die Technik theoretisch auch, dass subjektive Refraktionen autonom durchgeführt werden. FOCUS berichtete in Ausgabe 01_2025 ab Seite 34 bereits ausführlich darüber.

Zum guten Schluss …

Der letzte Vortrag hieß in diesem Jahr allerdings nicht, dass das Event zu Ende war. Stattdessen bildete den Abschluss eine Diskussionsrunde mit drei Lab-Experten. Dr. Matthias Neumann (Rodenstock), Dan Baker (Ocuco) und Dr. Tomas Sluka (CREAL) diskutierten zum Abschluss mehrere Fragen rund um das Thema „The optical lab in a smart world“ und gaben spannende Einblicke in aktuelle Entwicklungen und zukunftsrelevante Themen.

Die nächste MAFO – The Conference findet am Freitag, den 30. Januar 2026 in Mailand statt. Wie immer einen Tag vor der Mido.

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