Sicht.Kontakte: Rekordbeteiligung und fachlicher Tiefgang
Sicht.Kontakte 2025 in Osnabrück
Vom 10. bis 12. Oktober 2025 wurde Osnabrück zum Treffpunkt der deutschen Augenoptik- und Optometriebranche. Mit 455 Teilnehmern verzeichnete die Fachveranstaltung Sicht.Kontakte 2025 einen neuen Rekord und bestätigte ihren Ruf als zentrale Plattform für Wissenstransfer, Networking und Innovation.
Bereits die Wahl des zentral gelegenen Kongresszentrums Osnabrück erwies sich als Volltreffer mit moderner Infrastruktur, reibungsloser Organisation und dazu noch mit einer Stadt, die dank charmanter Altstadt und vielfältiger Gastronomie auch zum Netzwerken über die eigentliche Tagung hinaus zu begeistern wusste. Die Industrieausstellung mit rund 28 Ausstellern bot zudem eine gelungene Mischung aus kompakten Tabletop-Präsentationen und größeren Ständen. Gerade während der Pausen herrschte hier reger Austausch zwischen Fachbesuchern und Industrievertretern. Die Obermeistertagung des ZVA am Samstag (siehe Seite 14) und der Tag der Optometrie am Sonntag sorgten für zusätzliche Impulse.
PFAS und Sklerallinsen im Vortragsprogramm
Das Programm der Fachtagung umfasste über 50 Vorträge und Workshops, die ein breites Spektrum von Kontaktlinsenanpassung über Kinderoptometrie bis hin zu innovativen Diagnostikansätzen abdeckten.
In seinem Vortrag zum PFAS-Beschränkungsvorhaben der EU machte Roland Fromme (Wöhlk) deutlich, wie tiefgreifend die geplanten Regulierungen die Forschung und Produktion von Kontaktlinsenmaterialien beeinflussen werden. „Das Thema war vor zehn Jahren nicht absehbar“, betonte er und verwies auf die enormen Aufgaben für die Entwicklungsabteilungen. Bioinspirierte Materialien könnten hier den Weg in die Zukunft weisen.
Mit „The Art & Science of Scleral Lens Fitting“ gab Eef van der Worp einen praxisnahen Einblick in die komplexe Anpassung von Sklerallinsen. Sein in zwei Abschnitte gegliederter Vortrag (Teil 2 hielt er am Sonntag im Rahmen des „Tag der Optometrie“) verband wissenschaftliche Grundlagen mit klinischer Erfahrung und zeigte, wie Präzision und Kreativität Hand in Hand gehen.
Orthokeratologie ist längst etabliert – doch Dr. Sylvia Wulff ging in ihrem Beitrag einen Schritt weiter. Ihre Studie zur Veränderung biomechanischer Parameter der Cornea unter Ortho-K-Behandlung verdeutlichte, wie wichtig die Integration moderner Messverfahren für ein tieferes Verständnis dieser Therapie ist. „Faszinierend, wenn man die Cornea mag … Ich mag sie sehr“, kommentierte sie augenzwinkernd.
Philippe Seira beleuchtete die Herausforderungen bei der Kontaktlinsenanpassung und warnte vor steigenden Drop-outs – („In den USA verlieren die Kollegen bereits jeden zweiten Kunden an das Internet“). Sein Rat: individuelle Checklisten und konsequente Nachkontrollen, denn diese kann der Onlinehandel nicht ersetzen.
Am zweiten Kongresstag startete Anke Huckauf mit einem Vortrag zu blickbasierten Interaktionen und deren Einfluss auf die Wahrnehmung, gefolgt von Jennifer Müller, die die ergonomische Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen beleuchtete. Ron Lehnert präsentierte am Samstag einen Überblick zur Caterna Sehschulung, einem digitalen Therapieansatz für Amblyopie. Neben Wirkprinzip und Evidenz beleuchtete er die aktuellen Entwicklungen bei der Kostenerstattung – ein Thema, das für viele Praxen zunehmend relevant wird.
Am Nachmittag standen Katarakt und Presbyopie im Fokus: Hyeck-Soo Son, Karsten Klabe und Anja Liekfeld gaben Einblicke in moderne IOL-Konzepte. Den Abschluss bildeten praxisnahe Vorträge zur Nachversorgung und Komplikationsmanagement von Kataraktpatienten durch Martin Lörtscher, Christoph Thiemann und Peter Haubold-Kretschmer.
Klinische Tiefe und praxisnahe Impulse
Unter dem Motto „Wissen vertiefen, klinische Sichtweisen gewinnen, Patienten besser begleiten“ bot am Sonntag der Tag der Optometrie, ausgerichtet von IVBS, VDCO und ZVA, ein dichtes Programm mit diagnostischen Schwerpunkten, Spezialanpassungen und praxisnahen Falldiskussionen.
Nach der Begrüßung durch Christian Müller (ZVA), Beate Göpel (IVBS) und Stephan Hirschfeld (VDCO) eröffnete Moderator Maarten Hobé die Vortragsreihe – und setzte damit den Startschuss für ein Finale, das die Brücke zwischen Augenoptik, Optometrie und Ophthalmologie schlug.
Periphere Netzhaut im Fokus
Der Auftakt gehörte der Netzhautdiagnostik, als Prof. Dr. Nicolas Feltgen in seinem Vortrag „Periphere Netzhaut – Was gibt es da draußen zu sehen?“ degenerative, trophische und traktive Veränderungen wie Retinoschisis oder Netzhautlöcher beleuchtete. Besonders praxisrelevant: die Diskussion, welche Befunde zwingend ärztlich abgeklärt werden sollten, etwa bei Myopie oder familiärer Belastung.
Gustav Pöltner zeigte, wie sich selbst anspruchsvolle Fälle wie Keratokonus, postkeratoplastische Hornhäute oder Ortho-K-Versorgungen erfolgreich managen lassen. Sein Beitrag unterstrich die Schlüsselrolle des Optometristen bei individuellen Anpassungen.
Dr. Carolin Truckenbrod lieferte eine fundierte Analyse zur niedrig dosierten Atropintherapie im Myopie-Management. Neben der Wirksamkeit standen mögliche Nebenwirkungen im Fokus – insbesondere Auswirkungen auf Akkommodation und Binokularsehen. Nach ihr ist mit einem Anstieg der Behandlungen zu rechnen, da Atropin nun über die Krankenkassen abgerechnet werden könne.
Moderne Optometrie in der Praxis
Mit Teil 2 seines Vortrags präsentierte Eef van der Worp den aktuellen Stand der Sklerallinsentechnologie. Sauerstoffversorgung, Flüssigkeitskammerhöhe und typische Herausforderungen wie Midday-Fogging standen im Mittelpunkt. Sein praxisnaher Ansatz, mitreißender Stil und sein Plädoyer für die vermehrte Nutzung der Speziallinsen auch hierzulande rundeten seine Ausführungen des ersten Tages ab. Dass damit auch der Schachzug der Veranstalter aufgegangen war, den Vortrag des international renommierten Kontaktlinsenspezialisten „quasi als Brücke“ von Tag 1 bis Tag 3 zu spannen, bewies der für den dritten Tag sehr volle Veranstaltungssaal.
Dr. Oliver Kolbe berichtete aus der stationären ophthalmologischen Rehabilitation und zeigte, wie optometrische Methoden Patienten mit Gesichtsfeldausfällen unterstützen können. Loreen Roth ergänzte mit spannenden Erkenntnissen zur Stereopsis und deren Einfluss auf die Raumwahrnehmung. Zum Abschluss widmete sich Prof. Dr. Dr. Ludwig Heindl seltenen, aber potenziell malignen Irisläsionen. Sein Vortrag unterstrich die Bedeutung moderner Diagnose- und Therapiewege in der interdisziplinären Zusammenarbeit.
Ausblick: Berlin ruft
Die Sicht.Kontakte 2025 war wie schon in vergangenen Jahren ein Impulsgeber für die Zukunft der Augenoptik und Optometrie. Mit Rekordbeteiligung, hochkarätigen Referenten und einer inspirierenden Atmosphäre setzte die Veranstaltung erneut Maßstäbe. Nach dem Erfolg in Osnabrück ist die Vorfreude groß: Die Sicht.Kontakte 2026 findet vom 9. bis 11. Oktober in Berlin statt.
















