Optik Weber Brillengläser GmbH
Tradition, Wiederaufbau und Expansion
Vor über einem Jahr ging die Familien-Ära eines Unternehmens in der Augenoptik zu Ende: Optik Hugo Weber wurde zu Optik Weber Brillengläser GmbH. Nach über 60 Jahren Firmengeschichte und rund 40 Jahren Erfahrung in der Brillenglasproduktion übergaben Renate und Gerhard Weber im Mai 2022 ihr Unternehmen an Martin Ulm und Korhan Gazi. Das Traditionsunternehmen soll auch in Zukunft eine feste Größe in Deutschlands augenoptischer Industrie sein. Geht es nach Martin Ulm und Korhan Gazi, steht in Kamen in jedem Bereich alles unter dem Motto Aufbruch.
Phoenix aus der Asche
Vor rund vier Jahrzehnten sah es nach einem schweren Schicksalsschlag eher nach dem Ende des Traditionsunternehmens aus. Ein großer Brand hatte 1983 die Gebäude zerstört und das Unternehmen stand betrieblich vor dem Nichts. Auch wenn im Flammeninferno die Produktionsanlagen vernichtet wurden, der Wille der damaligen Eigentümer weiterhin Brillengläser „Made in Germany“ fertigen zu wollen, blieb bestehen. Schließlich konnte man schon damals auf eine über zwei Jahrzehnte lange Firmengeschichte bauen.
Aufgeben war für Familie Weber deshalb keine Option. Sie nahm die Herausforderung an, in neuen Räumen und mit den damals besten und modernsten Maschinen das Familienunternehmen Optik Weber zurück in den Markt zu führen.
Blick zurück
Hugo Weber, der Namensgeber, wurde 1928 in Lodz (Polen) geboren und kam vor Kriegsende als Jungsoldat nach Berlin. Dort stellte er sich neu auf, Überleben war das Ziel für den Moment. In Berlin begann er 1945 seine Ausbildung zum Feinoptiker und kam 1955 über Essen nach Kamen. Sein Weg brachte ihn in die Schulstraße 3 zur Brillenglasschleiferei Kurt Wolff. Bereits fünf Jahre später bekam er die Chance, den Betrieb zu übernehmen. Er ergriff seine Chance, wagte den Schritt in die Selbständigkeit und war ab Januar 1960 sein eigener Chef. Seine Lebensaufgabe wurde von seiner Frau Inge tatkräftig mit viel Herzblut unterstützt und sie engagierte sich persönlich für den Betrieb. Die Angestellten wurden zu einem Teil der Familie und konnten sich der Unterstützung von Hugo und Inge Weber immer sicher sein. Sie halfen ihren Angestellten bei Problemen und dabei wurde kein Unterschied gemacht, ob diese privat oder beruflich waren. Werte, die den Zusammenhalt und die Firmenstruktur prägten.
1973 zog die Firma in das neue Betriebsgebäude in der Poststraße in Kamen. Hugo Weber konnte im Laufe der Jahre den Betrieb immer weiter ausbauen und seinen Kundenstamm vergrößern. So erreichte er 1979 eine Betriebsgröße von 30 Mitarbeitern. Zudem hielt dann auch die zweite Weber-Generation Einzug in das Unternehmen. Sohn Gerhard unterstützte seine Eltern in der Firma. Es war der Familienwunsch, die Wertarbeit „Made in Germany“ in die Zukunft zu tragen.
Der Brand von 1983
Das Jahr 1983 stellte das Unternehmen jedoch vor eine emotionale als auch existenzielle Aufgabe. Der erwähnte Brand brachte dem Unternehmen im Januar den Totalverlust. Als der erste Schock überwunden war, folgte Hugo Weber zusammen mit seinem Sohn umgehend den inneren Werten. Aufgeben? Keine Option!
Übergangsweise wurden im darauffolgenden Februar Räume angemietet und die Produktionsaufnahme erfolgte so schnell wie möglich. Ein Schritt, der Kraft, Energie und Zusammenhalt abverlangte. Daher wurde das 25-jährige Firmenjubiläum, zwei Jahre später, zu einem ganz besonderen Event. Mit Stolz, Freude und Dankbarkeit wurde gefeiert.
Die nächste Weber-Generation
Am 1. September 1985 erfolgte der nächste Meilenstein der Firma. Mit Renate Weber als Inhaberin und Gerhard Weber als Geschäftsführer übernahm eine weitere Generation das Firmengeschäft. Als gelernte Exportkauffrau war Renate Weber aufgrund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungswerte die ideale Firmennachfolgerin für Hugo Weber. Insgesamt trug sie über 37 Jahre die alleinige Verantwortung in ihrer Position. Der Unternehmensgründer Hugo Weber unterstützte weiterhin das Unternehmen, wo er konnte.
1995 verstarb er.
Im November 1988 hatten sie noch gemeinsam den Anbau des heutigen Firmengebäudes fertiggestellt und dadurch die Betriebsfläche verdoppelt. Die gesamte Produktion verteilt sich auf drei Etagen und wurde stetig ausgebaut. Jede Abteilung hat ihren Platz auf den nunmehr etwa 1.500 m².
Im Jahr 2005 erhielt das Unternehmen neue Vergütungsanlagen und 2006 erfolgte die Einführung von progressiven Freiform-Flächen in der Produktion. Zwei Jahre später wurde weiter investiert und die Implementierung eines neuen Softwaresystems für die Brillenglas-Berechnung installiert.
Übergabe in neue Hände
Im Mai 2022 endete die Geschichte des Familienunternehmens. Nach über 60 Jahren übergaben Renate und Gerhard Weber im Mai 2022 ihr Unternehmen an Martin Ulm und Korhan Gazi. Optik Hugo Weber wurde zur Optik Weber Brillengläser GmbH. Gerhard Weber unterstützte die neuen Eigentümer tatkräftig in der Übergangszeit und trat Ende September 2022 als Geschäftsführer zurück. Wie einst sein Vater, besucht er regelmäßig das Unternehmen und freut sich über Modernisierungen, ein Wiedersehen mit langjährigen Mitarbeitern und über die neuen Ideen seiner Nachfolger.
Korhan Gazi und Martin Ulm konnten nach der Übernahme alle Arbeitsplätze erhalten. Mittlerweile steigt sogar die Zahl der Beschäftigten wieder in Kamen. Aktuell arbeiten 46 Mitarbeiter im Unternehmen, im Vergleich zu den 40 bei der Übernahme vor gut einem Jahr. Drei weitere Mitarbeiter werden demnächst noch hinzukommen.
Mineralglas-Anteil soll weiterwachsen
Zur zukünftigen Firmenstrategie gehöre es, betont Martin Ulm, das Thema Mineralglas weiter zu stärken und so zu einem der größten Lieferanten in Deutschland für mineralische Brillengläser zu werden. „Immerhin ist der Anteil seit der Übernahme um über 150% gewachsen“, erklärt Korhan Gazi. Dies sei eine überaus erfreuliche Entwicklung. Ein Grund, warum das bestehende Glaslager ein großes Sortiment an Mineralglas-Blanks vorhält. Mehrere Produktionsmonate könnten hierdurch abgedeckt werden, falls es zu einem Lieferengpass kommen sollte.
In diesem Zusammenhang steht auch der Umbau der Produktion. Kunststoffglas- und Mineralglasfertigung sollen getrennt werden. Ein Ziel ist es, insgesamt umweltfreundlicher und kostengünstiger zu produzieren.
Die Kunststoffgläser werden voraussichtlich ab dem vierten Quartal in einem neuen Gebäude gefertigt, während die Mineralglasproduktion im bestehenden Firmengebäude mehr Platz bekommen soll und durch neue Maschinen ausgebaut werden kann.
Insgesamt werden derzeit zwischen 800 und 1.000 Brillengläser täglich in Kamen gefertigt. Mit den neuen Produktionsanlagen seien dann wesentlich höhere Stückzahlen möglich. „Wir wollen den Namen Weber, der ja schon seit 60 Jahren auf dem Markt existiert, aber in den letzten Jahren ein bisschen in Vergessenheit geraten ist, auf alle Fälle in Deutschland wieder bekannter machen.“ Erreichen möchte man dies unter anderem mit „Kundennähe, Service, Transparenz bei Preisen und Fairness“, wie Martin Ulm betont.
Expansion über Deutschland hinaus
Aber nicht nur auf dem deutschen Markt. Zukünftig sollen Brillengläser Made in Kamen auch den europäischen Markt erobern. Allein der Standort mit seinen günstigen Verkehrsanbindungen in Richtung Norden, Süden, Osten oder Westen sei ideal.
Nicht nur Europa, sondern auch Nachhaltigkeit ist ein für das Unternehmen wichtiges Zukunftsthema, an dem man arbeitet. Neben einer umweltfreundlicheren Produktion oder Brillengläsern aus Silikat werden zukünftig Gläser aus biobasiertem Kunststoff im High Index-Bereich angeboten.
Ob neue Mitarbeiter, die Umstrukturierung der Produktion und damit die Erweiterung der Fertigung, ein zusätzliches Produktportfolio mit Fassungen oder der Blick auf neue Marktpartner in anderen europäischen Märkten – die beiden neuen Geschäftsführer Martin Ulm und Korhan Gazi haben eine Vision für das Traditionsunternehmen. Sie setzen dabei auf „Made in Germany“ als Qualitätsmerkmal, um die neuen Unternehmensziele umzusetzen.