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Pioniere: António Plácido da Costa

Erfunden im Jahr 1880: Dieses abgebildete Gerät aus den 1920er Jahren diente der Bestimmung des Krümmungsradius der Hornhaut­oberfläche und der Diagnose von irregulärem Astigmatismus.

Vom Weber-Sohn zum Akademiker

Jeder Augenoptiker kennt sie, viele nutzen sie täglich und vermutlich hatten die meisten unweigerlich die Schlange Kaa aus dem Dschungelbuch vor Augen, wenn sie selbst zum ersten Mal als Proband davorsaßen: die typischen Plácido-Ringe eines Keratografen. Diese Anordnung konzentrischer Ringe, die sich in Schwarz-Weiß abwechseln, gehen auf den Naturwissenschaftler und Mediziner António Plácido da Costa zurück. Hier stellen wir seine bahnbrechende Erfindung vor, die heute in modernsten Keratografen Verwendung findet.

António Plácido da Costa wurde am 1. September 1848 in Covilhã, Portugal, als Sohn des Webers Rafael da Costa geboren, doch bereits in jungen Jahren zeigte er ein starkes Interesse an den Naturwissenschaften und der Medizin. 1863 zog er als 15-Jähriger mit seinem Vater nach Porto, wo dieser von der Wollfabrik Lordelo do Ouro eingestellt worden war. Dort führte der Jugendliche seine schulische Ausbildung im Colégio do Padre Six fort. Ursprünglich sollte er dort auf eine kirchliche Laufbahn vorbereitet werden.

Akademische Laufbahn

Nach dem Wechsel zum Nationalen Lyzeum schloss er dort sein Examen ab und trat in die Polytechnische Akademie von Porto ein, wo er bis Juli 1868 blieb. An dieser Akademie legte er die Prüfungen in Physik, Chemie, Zoologie und Botanik ab und erhielt 1867 einen Preis im Fach Botanik für die Präsentation einer Arbeit über Pflanzenhistologie.1

Im Jahr 1874 schrieb er sich an der Medizinischen und Chirurgischen Schule von Porto ein, wo er Schüler von Ricardo Jorge war, mit dem er Jahre später bei der Erforschung der Beulenpest zusammenarbeitete. Während dieses Studiums entwickelte er ein besonderes Interesse für die Augenheilkunde und spezialisierte sich auf diesem Gebiet. Sein Medizinstudium schloss er 1879 mit der Vorlage seiner Dissertation „Apontamentos de micrologia médica“ (Anmerkungen zur medizinischen Mikrologie) ab, die er mit Auszeichnung bestand.2 

Erfindungen in der Augenheilkunde 

Zwischen 1879 und 1891 arbeitete er in Lissabon als Augenarzt in der Praxis von Dr. Van der Laan und verfasste in dieser Zeit zehn Artikel für den „Periódico de Oftalmologia Prática“. In sieben dieser Studien stellte er vier seiner Erfindungen vor: Das „Untersuchungsastigmatoskop“, das wohl berühmteste von allen, das heute als Plácidos Keratoskop bekannt ist. Außerdem das orthopädische Binoskop, ein Instrument zur Unterstützung der subjektiven Korrektur des Schielens, die hygrothermische Kapsel zur Anwendung feuchter Wärme bei Augenkrankheiten und die „Galvanotherapeutische Batterie“.

Zurück in Porto stellte er seine Erfindungen in einem Raum der medizinisch-chirurgischen Schule aus und legte sein letztes veröffentlichtes Werk mit dem Titel „Fisiologia do punctum caecum da retina humana“ (Physiologie des Punctum caecum der menschlichen Netzhaut) als Diplomarbeit für die Stelle eines Vertretungsdozenten in der medizinischen Abteilung dieser Schule vor.

Während seiner Lehr- und Forschungstätigkeit unterrichtete er Histologie und Physiologie (zunächst als Privatdozent, dann ab 1911 als ordentlicher Dozent). Er leitete das Physiologielabor (1884-1906), baute neben vielen anderen Instrumenten das erste in Portugal entworfene und realisierte Teleskop (1883-1885) und den „Augen-Elektromagneten“ (1884) zur Entfernung von Fremdkörpern aus ferromagnetischem Metall aus dem Auge.

Das „Keratoskop“

Eine seiner bedeutendsten Erfindungen war das oben erwähnte Keratoskop, ein Gerät zur Untersuchung der Geometrie der Hornhaut des Auges. Das auch als Plácido-Scheibe bekannte Instrument entwickelte er um 1880 in Porto.3 Dieses handgehaltene Gerät bestand aus einer 23 cm großen Scheibe mit konzentrischen schwarzen und weißen Ringen und einem zentralen Sichtloch. 

António Plácido da Costa entwickelte sein Keratoskop in einer Zeit, in der eine genaue Analyse der Hornhaut, der Beschaffenheit und ihrer Geometrie sehr schwierig war. Daher basierte seine Methode zur Untersuchung der Hornhaut weitgehend auf visueller Beobachtung.

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Plácido selbst konnte mit bloßem Auge erkennen, ob die Reflexion regelmäßig oder verzerrt war. Stark elliptische oder ungleichmäßig angeordnete Ringe deuteten auf eine unregelmäßige Hornhautoberfläche hin. Bereiche mit unterschiedlichem Abstand zwischen den Ringen ließen auf lokale Krümmungsveränderungen schließen. Und durch Vergleiche mit bekannten Fällen konnte er Rückschlüsse auf bestimmte Krankheitsbilder ziehen.

Empirische Beurteilung

Da dies lange vor einer Zeit der digitalen Bildverarbeitung geschah, war seine Methode rein visuell und empirisch. Die Augenheilkundigen mussten aus Erfahrung lernen, wie verschiedene Deformationen der Ringe mit bestimmten Hornhautverkrümmungen zusammenhängen.

Obwohl Plácido selbst keine exakten mathematischen Berechnungen durchgeführt hat, war seine Beobachtungsgabe revolutionär. Seine Methode war einfach, aber wirkungsvoll – und hat sich über die Jahrzehnte hinweg zu einer hochpräzisen medizinischen Technik weiterentwickelt.

Er legte mit seiner Methode den Grundstein für spätere mathematische Modelle zur Analyse der Hornhautkrümmung. Später wurden optische und geometrische Prinzipien genutzt, um die genaue Geometrie der Hornhaut aus den Verzerrungen der Ringe abzuleiten. Daraus entstanden später Keratometer und moderne Hornhauttopografen, die heute auf der Basis von Plácidos Prinzip hochpräzise Messungen durchführen. 

Weiterentwicklung seiner Methode

Die Einführung des Keratoskops stieß zunächst auf Zurückhaltung, da die Augenheilkunde zu dieser Zeit noch in den Anfängen der instrumentellen Diagnostik stand und neue Methoden oft skeptisch betrachtet wurden. Dennoch setzte sich Plácidos Erfindung aufgrund ihrer Effektivität allmählich durch und wurde in der klinischen Praxis etabliert.

Während Plácidos Ansatz also noch rein qualitativ war, ermöglichten spätere mathematische und computergestützte Methoden eine quantitative Analyse. Und heute analysieren digitale Hornhauttopografen die Reflexionsmuster automatisiert und erstellen farbkodierte Karten der Hornhautgeometrie. Diese Technik ist essenziell für die präzise Anpassung von Kontaktlinsen, zur Diagnose von Hornhauterkrankungen und zur Planung von Augenoperationen wie LASIK.3

Zahlreiche Unternehmen haben Geräte entwickelt, die auf dem Prinzip der Plácido-Scheibe basieren. Sie werden heute weltweit in augenoptischen Betrieben, augenärztlichen Praxen und Kliniken eingesetzt und sind ein integraler Bestandteil der modernen Augenoptik und Augenheilkunde.

António Plácido da Costa verstarb mit 68 Jahren im Jahr 1916 in Porto. Er war verheiratet und hatte Nachkommen. Seine Arbeit legte den Grundstein für zahlreiche Fortschritte in der Diagnose und Behandlung von Hornhauterkrankungen und wird auch über ein Jahrhundert nach seiner Erfindung weiterhin weltweit angewendet.1,2

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