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Presbyopie-Management

Bild: Pixel-Shot/Adobe Stock

Teil II: Welche Optionen es gibt

Jeder hat eine Meinung zur Presbyopie. Aber bleiben wir bei den Fakten und beantworten diese Frage: Was genau ist Presbyopie und was können wir dagegen tun? Dieser Artikel untersucht die Feinheiten der Presbyopie und ihrer Korrekturmethoden anhand eines evidenzbasierten Ansatzes mit Informationen aus kürzlich veröffentlichten Übersichtsarbeiten. Grundlage ist der Evidenzbasierte Akademische Bericht (Continued Learning Evidence-based Academic Report = CLEAR) der British Contact Lens Association (BCLA) zur Presbyopie, der über 175 Seiten umfasst und sich auf acht peer-reviewte Artikel verteilt.

Teil I hier in FOCUS behandelte den Mechanismus der Akkommodation und Presbyopie sowie Definitionen des Zustandes. Dieser Teil konzentriert sich nun auf Managementoptionen als Alternative zur Brille. Kontaktlinsen sind sicherlich enthalten, aber die CLEAR-Artikel beschränken sich nicht auf diese Option; auch intraokulare Linsen (IOLs), chirurgische Verfahren an der Hornhaut, pharmazeutische Lösungen und sogar Skleratechnologien werden diskutiert.

Presbyopie-Manager

Augenoptiker, insbesondere in Augenoptikfachgeschäften, konzentrieren sich bei Presbyopie meist zuerst auf die Brille als Option. Häufig wird der Begriff „Presbyopie“ durch „Sie brauchen eine Lesebrille“ ersetzt, wenn Fachleute mit Patienten sprechen. Dies schränkt die Managementoptionen unnötig ein. Die aktuelle Generation der neu auftretenden Presbyopen ist die erste Generation, die in der Schule standardmäßig auch Kontaktlinsen statt Brillentragen konnten. Diese Generation sucht aktiv nach einer Möglichkeit, ihre Leseprobleme ohne Brille zu korrigieren. Kontaktlinsen und IOLs scheinen für diese Gruppe die bevorzugten Optionen zu sein, möglicherweise zusammen mit einigen Verfahren an der Hornhaut, pharmazeutischen und neuen skleralen Techniken. Hier folgt ein Überblick.

IOLs

Die ersten IOLs wurden nicht zufällig kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt (wegen Cockpit-Kanzeln aus Polymethylmethacrylat [PMMA]). Doch erst in den 1980er-Jahren wurden IOLs zur Korrektur der Presbyopie eingesetzt (Monovision 1984, Multifokal [MF] 1987). Zwei wesentliche Entwicklungen unterstützten diese Innovation: die Erfindung der Phakoemulsifikationstechniken, die viel kleinere Einschnitte ermöglichten, und die Verwendung faltbarer intraokularer Linsen. Dies führt häufig zu Operationen ohne Nähte mit sehr geringer Beeinträchtigung der Hornhaut und der vorderen Augenoberfläche.

Es gibt viele IOLs (über 100 Linsendesigns werden im Bericht erwähnt, wahrscheinlich gibt es in Teilen Asiens noch viele weitere). Interessanterweise wird nur ein kleiner Teil von ­Kataraktoperationen mit multifokalen IOL-Designs durchgeführt. Im Wesentlichen gibt es drei Haupttypen von MF-IOL-Optionen: sphärische Linsen für Monovision, Designs mit erweiterter Tiefenschärfe (EDOF) und trifokale Linsen. Alle Linsen außer denen mit sphärischem optischem Design gelten typischerweise als „Premium“ (MF-Designs zusätzlich zu torischen Linsen). EDOF-Designs können eine gute Option für Patienten sein, die hauptsächlich im mittleren Abstand arbeiten (z.B. an einem Computerbildschirm). Trifokale Linsen sind darauf ausgelegt, eine gute Fern- und Nahsicht zu bieten und gleichzeitig den mittleren Abstand zu korrigieren; ihr Nachteil kann ein allgemeiner Verlust der Kontrastempfindlichkeit sein.

Die große Frage bei IOLs zur Presbyopiekorrektur ist: Wie ist der Zustand der kristallinen Linse? Liegt eine klinisch signifikante Katarakt vor, ist die Option, die kristalline Linse zu entfernen und durch ein MF-Linsendesign (oder eine Mono­vision) zu ersetzen, oft recht unkompliziert. Die „Clear Lens Extraction“ ist eine andere Überlegung. Viele Patienten verstehen die Auswirkungen einer IOL-Implantation nicht (Verzicht auf jegliche Form der Ruheakkommodation). Es ist wichtig, dies vor dem Eingriff klar mit dem Patienten zu besprechen. Jede Form von trockenen Augen sollte vor dem Eingriff behandelt werden, da sich die Symptome verschlimmern oder mit der IOL-Implantation auftreten können.

Wenn das optische Ergebnis nach der IOL-Implantation nicht zu 100% zufriedenstellend ist, kann ein „einfaches“ refraktives Verfahren an der Hornhaut (siehe nächster Punkt) durchgeführt werden, um verbleibende Formen von Ametropie und/oder Astigmatismus zu korrigieren. Eine Linsenextraktion, falls das Ergebnis nicht zufriedenstellend ist, ist möglich, aber selten.

Experimente mit akkommodativen Linsen erhalten viel Aufmerksamkeit in der Forschung und Entwicklung, waren bisher jedoch nicht besonders erfolgreich. Dennoch wäre eine solche Linse der „heilige Gral“ für das zukünftige Management der Presbyopie. Insgesamt zeigt die relative Beliebtheit von IOLs zur Korrektur der Presbyopie, dass ein großer Teil der Bevölkerung eine Alternative zur herkömmlichen „Lesebrille“ sucht, um ihre Nahsicht zu optimieren.

Kreativ mit der Hornhaut

Einer der CLEAR-Artikel (#6) ist vollständig den Hornhauttechniken gewidmet – obwohl dies in der Praxis nicht als eine der Hauptmethoden gilt, gehören diese Optionen dennoch in diese Übersicht. Laser-assistierte in-situ Keratomileusis (LASIK) und photorefraktive Keratektomie (PRK) kommen einem in dieser Kategorie zuerst in den Sinn, werden jedoch hauptsächlich zur Fernkorrektur eingesetzt (z.B. Myopie und in geringerem Maße Hyperopie). Natürlich kann die Korrektur einer bestehenden Hyperopie in den frühen Stadien der Presbyopie das Lesen erheblich erleichtern. Es ist jedoch entscheidend, Betroffene darauf hinzuweisen, dass sie allgemein etwa ab dem Alter von 45 Jahren trotz ihrer Laseroperation nicht mehr lesen können, da Presbyopie einen anderen Mechanismus hat – sie betrifft nicht die Augenlänge, sondern die nachlassende Flexibilität der kristallinen Linse, wie in Teil I erläutert.

Modifikationen der Standard-Lasertechniken zur Fernkorrektur können verwendet werden, um ein sphärisches Aberrationsprofil in der Hornhaut zu erzeugen, das die Akkommodation unterstützt. Bi-asphärische MF-Ablationstechniken erzeugen eine prolate Hornhautform, und die kontrollierte Induktion negativer sphärischer Aberration in Kombination mit der Induktion einer geringen Myopie erhöht die Tiefenschärfe.

Experimenteller sind Hornhaut-Inlays. Synthetische Hornhaut-Inlays bestehen aus künstlichen Materialien wie Acryl, Hydrogel oder Silikon. Diese Inlays sollen die Nahsicht verbessern, indem sie die Art und Weise verändern, wie Licht ins Auge fällt, und so helfen, auf nahe Objekte zu fokussieren. Im Wesentlichen nutzen sie Optiken mit kleiner Apertur, um die Schärfentiefe des Patienten zu erhöhen, ohne die Brechkraft der Linse zu verändern. Diese Einsätze werden in verschiedenen Tiefen des Hornhautstromas platziert, um die Nahsicht zu verbessern. Das erste Hornhaut-Inlay erhielt 2015 die FDA-Zulassung. Der Einsatz von Inlays mit kleinen Öffnungen blockiert effektiv die Lichtbrechung, minimiert die Refraktion und verbessert die Nahsicht.

Die leitfähige Keratoplastik wird hier der Vollständigkeit halber erwähnt, ist jedoch keine weit verbreitete Technik. Dabei wird Radiofrequenzenergie (350–400 kHz) auf das mittlere periphere Hornhautstroma angewendet, was zu einer Schrumpfung der mittleren peripheren Hornhaut und einer zentralen Hornhautversteilung führt, die theoretisch eine Hyperopie zwischen +0,75 dpt und +3,00 dpt korrigiert.

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Allgemein gilt für Lasertechniken an der Hornhaut: Wenn später im Leben IOLs benötigt werden, kann die Berechnung der Linsenstärke problematisch sein, da sich die Optik des Auges verändert hat. Die Hornhautkrümmung und die Brechwerte vor dem Eingriff können sehr hilfreich sein, und eine präzise Dokumentation durch die Augenspezialisten ist wichtig. Ein Hauptrisiko vieler der genannten Hornhauttechniken sind Symptome des Trockenen Auges; wie bereits erwähnt, kann dies auch bei IOL-Implantaten ein Problem sein.

Orthokeratologie (Ortho-K) wird im CLEAR-Artikel als eine Option innerhalb dieser Kategorie der Hornhautveränderungen betrachtet – wobei der große Unterschied natürlich darin besteht, dass Ortho-K weniger invasiv, nicht chirurgisch und reversibel ist. Obwohl belastbare Beweise fehlen, gibt es anekdotische Berichte, die darauf hindeuten, dass die Optik, die Ortho-K zentral und peripher auf die Hornhaut anwendet, die Presbyopie in frühen Stadien bis zu einem gewissen Grad hinauszögern kann.

Scleral crosslinking & mehr

Die Sklera war in letzter Zeit ein heißes Thema im Bereich Speziallinsen – allerdings aus einem ganz anderen Grund (z.B. Anpassung von Sklerallinsen). In Bezug auf Presbyopie-Artikel (CLEAR-Bericht #7) geht es weniger um die Form der Sklera als vielmehr um deren Steifigkeit. Mit zunehmendem Alter wird die Sklera steifer, und eine festere Sklera „zieht“ stärker an den Zonulafasern und Muskeln, was es der kristallinen Linse erschwert, sich bei der Akkommodation zu krümmen. Um dies zu lösen, wird die Laser-Skleramikroporation vorgeschlagen, bei der die Sklera flexibler gemacht wird. Die gute Nachricht bei dieser Technik ist natürlich, dass sowohl die Hornhaut als auch die kristalline Linse intakt bleiben. Eine interessante, derzeit jedoch nur experimentelle und theoretische Option.

Der CLEAR-Artikel behandelt auch pharmakologische Ein­griffe: im Wesentlichen Pilocarpin. In der Vergangenheit wurden verschiedene Konzentrationen vorgeschlagen: 1%, 2% und 4%. Derzeit ist eine neue Formel mit 1,25% von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) auf dem US-Markt erhältlich. Pilocarpin erzeugt einen „einfachen“ Lochblenden-Effekt, ähnlich wie bei den zuvor besprochenen Hornhaut-Inlays.

Kontaktlinsen

Was sagen die CLEAR-Artikel über Kontaktlinsenoptionen bei Presbyopie, basierend auf den neusten evidenzbasierten Erkenntnissen? Laut CLEAR (#5 der Serie) gibt es 101 Kontaktlinsendesigns für Presbyopie. Zugegeben, viele davon sind formstabile Linsendesigns, da mit dieser Modalität einfach mehr möglich ist. Tatsächlich könnten formstabile Linsen in Bezug auf Sehqualität und Optik die „Weltmeister“ unter den presbyopen Kontaktlinsenoptionen sein – aber 80% bis 90% der Anpassungen weltweit (je nach Region) erfolgen mit weichen Linsen. Der Übersichtlichkeit halber konzentrieren wir uns hier auf die Optionen mit weichen Kontaktlinsen.

Interessanterweise lassen sich die multifokalen (MF) optischen Kategorien auf einige Hauptgruppen reduzieren – obwohl es innerhalb dieser Themen viele Variationen gibt. Und alle kommerziell verfügbaren Designs sind sogenannte simultane Linsendesigns, ein Begriff, der etwas irreführend ist; es sind nicht zwei Bilder gleichzeitig scharf, sondern ein scharfes Bild überlagert ein unscharfes. Je nach Blickrichtung und Fokuspunkt wählt das Gehirn das Bild aus, das es als schärfer wahrnimmt. 

Innerhalb dieser Gruppe sind konzentrische Linsendesigns die erste Wahl. Fast alle Einweg-Weichlinsen sind Center-Near-Designs, d.h. die Nahsichtkorrektur befindet sich im Zentrum. Hier beginnen die Unterschiede: Das Grunddesign hat einen Ring mit „Fernstärke“ um das Nahzentrum, andere verfügen über einen zusätzlichen „Zwischenbereichsring“ als Übergangszone. Weitere Alternativen bieten mehrere Ringe für Nah- und Fernsicht (wobei der zentrale Bereich weiterhin die Nahaddition enthält). Eine Variation ist ein Center-Near-Bereich mit einem allmählichen (asphärischen) optischen Übergang zur Fernstärke (nicht zu verwechseln mit den asphärischen Rückflächendesigns einiger Linsen, die sich der Form der Augenoberfläche anpassen).

Das beschriebene EDOF-Design ist ein relativ „neuer Mitspieler“, das Patent wurde im Jahr 2000 erteilt. Wie bei IOLs erhöht dieses Design buchstäblich die Tiefenschärfe durch Manipulation des Musters höherer Aberrationen, was es ideal für mittlere Entfernungen macht. Obwohl EDOF-Designs möglicherweise weniger abhängig von der Linsenzentrierung sind, bleibt dies ein Problem bei allen simultanen Linsendesigns. 

Große Pupillen können ebenfalls zu Sehstörungen führen, da sich optische Zonen innerhalb der Pupillenöffnung überlappen. Theoretisch kann dies durch die Übersetzung von ­Designs überwunden werden, jedoch sind diese nur in starren Linsendesigns im Handel erhältlich. Monovision ist einfach und kostengünstig und nicht pupillenabhängig, führt jedoch zu einer Reduktion oder einem Verlust der Stereopsis und funktioniert meist nur bei geringen Nahzusätzen (typischerweise bis 1,5 dpt).

Zusammenfassend sind die CLEAR-Artikel in Bezug auf MF-Weichlinsen eindeutig: Es gibt keine „Einheitslösung“ für alle Presbyopen. Konzentrische und EDOF-Designs (und individuelle Optionen innerhalb dieser Gruppen) haben jeweils ihre eigenen Vorteile und Herausforderungen. Multifokale Linsendesigns übertreffen Monovision in der Leistung, und Tageslinsen können Vorteile für Betroffene bieten, z.B. bei trockenen Augen und Komfort. Andererseits kann eine individuelle Anpassung in Bezug auf Linsenform und optisches Design, große Vorteile bei der Presbyopiekorrektur bieten – insbesondere, wenn künftig höhere Aberrationen genutzt werden können, was bei Tageslinsen eher nicht verfügbar sein wird. Torische multifokale Tageslinsen sind beispielsweise­ noch nicht erhältlich; sie könnten bald kommen, aber zunächst mit begrenzten Parametern. Die Korrektur von Astigmatismus bei Presbyopen ist ein wichtiger Tipp für Fachleute. Ebenso gilt: „Stolz ablegen, Anleitung befolgen“ – Linsenhersteller haben Millionen in die Entwicklung ihrer MF-Linsen investiert und wissen meist besser, wie ihre Linsen angepasst werden sollten, auch wenn Augenspezialisten in dieser Hinsicht manchmal etwas stur sind.

Zum Abschluss

Die zunehmende Verfügbarkeit verschiedener Typen von MF-Kontaktlinsen, die Erweiterung der Parameterbereiche, die Verbesserungen in den optischen Designs und die Verfügbarkeit maßgeschneiderter Linsen bieten großartige Möglichkeiten, Presbyopie für eine große Kundengruppe zufriedenstellend zu behandeln.

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