Weil es Liebe ist…

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Handwerkskunst in Kombination mit Mode, dazu Kundenberatung und alle optischen und optometrischen Messungen am Kunden – wenn man die Berufsbeschreibung eines Augenoptikers liest, ist unser Beruf wirklich der tollste und vielseitigste, den man sich vorstellen kann. Gerade junge Menschen, die sich vielleicht selbst noch nicht zu 100% festlegen können, begeistert diese enorme Bandbreite der Tätigkeiten. Der Alltag sieht dann leider oft etwas anders aus. Man könnte sagen, es ist ein Traumberuf, doch seine Schattenseiten sind auch offensichtlich. Während man jung und ungebunden noch kein Problem mit Wochenendarbeit, langen Öffnungszeiten und einem Gehalt im unteren Durchschnitt hat, ändert sich das meist, sobald Partner und Familie ins Spiel kommen.

Meist ist dann erstmal eine Auszeit angesagt – die Elternzeit – und da wird dann doch häufig abgewägt, was man will und was gut für die Familie ist. Ich bin sicher, so geht es nicht nur jungen Eltern, sondern jeder Berufstätige stellt sich irgendwann einmal die Frage, ob Beruf und Leben noch zusammenpassen. Und egal was genau der Auslöser ist, sicher hat sich der eine oder andere auch schon einmal vorgestellt, in einem völlig anderen Job durchzustarten. 

So habe ich ganz persönlich die Elternzeit auch als Chance gesehen, mir Gedanken zu machen, wie meine berufliche Zukunft aussehen soll. Im Kopf ist das ja auch ganz einfach. Und wenn man anfängt zu vergleichen, dann ist der Rasen im Garten nebenan immer grüner als der eigene. Also gesagt getan – aber was soll ich sagen: Ich vermisse die Augenoptik. 

Im Kundenkontakt fällt mir jede Brille auf, in meinem Kopf spiele ich „Glasstärken raten“ mit mir selbst und natürlich würde ich bei 80% der gesehenen Brillen am liebsten das Ultraschall-Bad anwerfen oder mal die Zange bzw. Hand anlegen, um den Sitz zu optimieren.

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Ich verstehe jetzt, dass es sehr wohl einen Unterschied zwischen einem Job und einem Beruf gibt. Während man den
einen zum Geld verdienen macht, ist man bei dem anderen mit Feuereifer und Herzblut dabei, weil es die eigene Berufung ist. Und wenn ich mich mit dieser sehr persönlichen Erfahrung in unserer Branche einmal umsehe, dann sehe ich, dass nicht nur ich mit der Augenoptik verheiratet bin. Ich sehe Kollegen, die nach Jahren „Optikpause“ wieder im Geschäft stehen oder andere, die zwar dem Augenoptikgeschäft den Rücken kehren, dafür aber in Augenkliniken oder Augenarztpraxen irgendwie auch noch Augenoptiker sind. Und wenn ich einen Blick in die Industrie werfe, dann sehe ich ein ganz ähnliches Bild. Natürlich wechselt das Personal auch hier, aber oft wird nur das Unternehmen, nicht aber die Branche gewechselt. Nicht zuletzt zeigt mir dann auch der Blick in unsere FOCUS-Redaktion, dass Augenoptiker irgendwie immer der Branche und dem Beruf treu bleiben.

Vielleicht ist es die einzigartige Mischung aus Handwerk, Verkauf und Gesundheitsleistungen, die unseren Beruf so unwiderstehlich macht, vielleicht sind wir auch einfach viele Menschen „vom gleichen Schlag“ – oder es ist einfach wirklich genau so, wie mir Jörg Spangemacher in den Anfängen meiner Arbeit beim FOCUS gesagt hat: „Diese Branche ist zwar klein, aber einfach nur geil.“  

In diesem Sinne freue ich mich schon darauf, nach meiner Elternzeit wieder die Refraktionsräume zu stürmen, Kontaktlinsen anzupassen und selbst mit „schwierigen“ Kunden nach der Lieblingsbrille zu suchen – von den Highlights meiner redaktionellen Tätigkeit mal ganz abgesehen. Ich bin mir
sicher, Ihnen geht es ganz genau so, sonst wären Sie kein Augenoptiker geworden.

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