Winter is coming (again) …
So gelingt das Kontaktlinsentragen im Winter und beim Wintersport
Wer im Winter mit Brille unterwegs ist, kennt das Problem: Betritt man einen warmen Raum, beschlagen die Brillengläser. Fällt Schnee, bleibt er auf den Gläsern liegen und schmilzt. Und beim Sport drückt die Brille unter Helm oder Skibrille. Kontaktlinsen befreien uns von all dem und bieten stets perfekte Sicht, egal ob beim Spaziergang im Schnee, beim Skifahren, Radfahren oder Joggen in der klaren Winterluft. Trotzdem stellen die Besonderheiten der kalten Jahreszeit einige spezielle Anforderungen an die Augen und die Anpassung der Kontaktlinsen.
Kontaktlinsen im Winter im Allgemeinen
Wer regelmäßig Kontaktlinsen trägt, spürt bereits zu Beginn der Heizungssaison die ersten Veränderungen seines Tränenfilms: Die Augen fühlen sich trockener an, die Kontaktlinsen sitzen fester und verlieren an Komfort. All dies kann zu einer Verschlechterung der Sicht nach einem Tag in beheizten Räumen oder im Freien bei kalten Temperaturen führen. Dieses Gefühl ist keine Einbildung, sondern physiologisch messbar. Kälte und trockene Luft verändern nachweislich die Lipid- und Mucin-Schichten des Tränenfilms. Diese werden instabiler, verdunsten schneller und die schützende Grenzschicht zwischen Hornhaut und Linse kann unterbrochen werden. Wird die Umgebung zudem noch durch Wind belastet, fällt die Aufrisszeit des Tränenfilms nochmals drastisch ab. Es kommt zu einer erhöhten Trockenheit, die jedoch häufig aufgrund des verringerten Tränenvolumens durch die beschleunigte Verdunstung nicht ausgeglichen werden kann. Ein reduzierter Lidschlag beim konzentrierten Arbeiten, beim Sport oder Autofahren verschärft die Situation zusätzlich.
Für Augenoptiker bedeutet das Thema Winter und Kontaktlinse, ihr Wissen aktiv an die Kunden weiterzugeben. Entscheidend ist, mit gezielten Fragen zu beginnen: Welche Veränderungen gibt es bereits? Wird in trockenen Innenräumen gearbeitet? Sind Outdoor-Aktivitäten geplant? Wenn ja, welche Sportarten übt der Kunde aus? In welchen Klimabedingungen? Wie lange trägt er die Linsen pro Tag? Plant er einen Bergurlaub, oder trainiert er im Freien? Diese Informationen sind entscheidend dafür, welche Linse am besten funktioniert und wie sie genutzt werden sollte.
Beratungskompetenz als Erfolgsfaktor
Nachbenetzer und Material: Bei der Anpassung und bei den Nachkontrollen sollten die Tränenfilmparameter kontrolliert werden. Eine verkürzte Tränenaufrisszeit, auffällige Meibomdrüsen oder trockene Lidkanten können auf eine geringere Wintertoleranz hinweisen. Der Anpasser kann darauf reagieren, indem er Materialien mit besserer Benetzbarkeit wählt oder die Anwendung von befeuchtenden Tropfen oder liposomalen Augensprays empfiehlt. Wichtig ist, dass diese Tropfen ohne Konservierungsstoffe auskommen und ausdrücklich für die Anwendung mit Kontaktlinsen zugelassen sind.
Pflegemittel: Auch der richtige Umgang mit Pflegeprodukten ist Teil der Aufklärung. Pflegemittel können bei Frost Schaden nehmen, da gefrorene Lösungen ihre Desinfektionswirkung verlieren. Deshalb sollten Träger darauf hingewiesen werden, ihre Aufbewahrungssysteme nicht im Auto oder in unbeheizten Räumen zu lagern. Dieser Hinweis klingt trivial, wird im Winterurlaub aber oft vergessen.
Winterzeit = Erkältungszeit: Die klassische „Winterberatung“ behandelt auch das Thema Infektrisiko. Erkältungen und grippale Infekte können über systemische Entzündungsreaktionen zu einer erhöhten Augenempfindlichkeit führen. In dieser Zeit sollte auf das Tragen von Kontaktlinsen verzichtet und stattdessen eine Brille getragen werden. Das reduziert die Gefahr von Bindehautinfektionen erheblich und schützt die Hornhaut langfristig. Während einer Erkältung besteht das Risiko, dass beim Naseputzen Krankheitserreger in die Augen gelangen. Wer in dieser Zeit Kontaktlinsen trägt, erhöht zudem die Wahrscheinlichkeit, beim Ein- oder Aussetzen der Linsen Keime ins Auge zu übertragen. Das kann zu einer Reizung oder Entzündung der Binde- oder Hornhaut führen. Hinzu kommt, dass Fieber die Körpertemperatur ansteigen lässt und somit auch die Temperatur in den Augen erhöht. Die wärmere Umgebung begünstigt das Wachstum von Bakterien zusätzlich.
Sauna: Immer wieder kursieren Gerüchte, wonach Kontaktlinsen im Winter auf den Augen einfrieren oder in der Sauna schmelzen könnten. Beides ist schlichtweg falsch. Die Linse bleibt stets in der angenehmen Umgebung der Körpertemperatur und übersteht selbst extreme Bedingungen unbeschadet. Nur ungetragene Linsen im Blister können bei starker Kälte einfrieren.
Nach dem Saunagang sollten Kontaktlinsen allerdings gründlich gereinigt werden, da Schweiß und eine erhöhte Salzkonzentration im Tränenfilm Rückstände auf der Linse hinterlassen können. Eine frische Reinigungslösung sorgt dafür, dass die Linse beim nächsten Tragen wieder komfortabel sitzt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die „Winterberatung“ Anpassern das große Potenzial bietet, Beschwerden beim Tragen von Kontaktlinsen bereits vor deren Eintreten klar zu benennen, zu erkennen und zu vermeiden. Wer diese Beratung kompetent durchführt, vermittelt seinen Kunden Sicherheit, Professionalität und Fürsorge. Und das generiert zusätzliche Loyalität und Verkäufe.
Der Einfluss von Höhe, UV-Strahlung und Temperaturwechsel
In den großen Höhen kommt ein weiterer Belastungsfaktor hinzu: Mit jedem Höhenmeter sinkt der Sauerstoffpartialdruck und die Hornhaut erhält weniger Sauerstoff aus der Umgebungsluft.
Neben der Sauerstoffversorgung spielt auch die UV-Belastung eine zentrale Rolle. Pro 1.000 Meter Höhenunterschied steigt die UV-Strahlung um rund 10% und Schnee reflektiert bis zu 80% dieser Strahlung. Wer Ski und Snowboard fährt oder Bergtouren unternimmt, ist also einer UV-Dosis ausgesetzt, die der sommerlichen Mittagssonne am Meer entspricht. Zwar reduzieren Kontaktlinsen mit integriertem UV-Filter die Belastung auf der Hornhaut, sie schützen aber nicht die angrenzenden Bindehaut- und Lidbereiche. Deshalb ist eine Sonnenbrille mit hohem Filterwert (mindestens Kategorie 3, idealerweise mit seitlichem Schutz) unerlässlich.
Auch der schnelle Wechsel zwischen kalter Außenluft und trockener, warmer Raumluft wirkt sich negativ aus. Der Temperaturunterschied kann zu einer momentanen Instabilität des Tränenfilms führen und bei empfindlichen Trägern vorübergehendes Brennen verursachen. Eine Studie der Universität Osaka zeigte, dass die Dicke der Lipidschicht bereits nach zehn Minuten in trockener Heizungsluft um rund 30% abnimmt. Dies bestätigt die alltägliche Erfahrung vieler Kontaktlinsenträger: der unangenehme Moment beim Betreten von Räumen mit Heizungsluft. Hier können präventiv Nachbenetzungsmittel Abhilfe schaffen.
Wintersport mit Durchblick
Skifahren: Kontaktlinsen zeigen auf der Skipiste ihre ganze Stärke. Es gibt keine drückenden Brillenbügel unter dem Helm, das Sichtfeld ist nicht eingeschränkt und die Linsen beschlagen nicht beim Schwitzen. Linsen machen jede Kopfbewegung mit: beim rasanten Abfahren, beim Snowboarden oder auf der Rodelbahn. Sie bieten freie Sicht in alle Richtungen, was nicht nur komfortabel ist, sondern auch die Reaktionsschnelligkeit und somit die Sicherheit erhöht.
Doch auch auf der Piste gilt: Schutz ist Pflicht! Weil Schnee den Großteil der UV-Strahlung reflektiert, sollte eine gute Skibrille mit hochwertigem UV-Filter und Rundumschutz in keinem Gepäck fehlen. Der Rundumschutz sorgt schließlich dafür, dass Fahrtwind und Eiskristalle den Tränenfilm nicht austrocknen lassen.
In großen Höhen kann die Luft „dünner“ werden, das heißt, sie enthält weniger Sauerstoff. Das macht sich nicht nur in der Lunge, sondern auch an den Augen bemerkbar. Tageslinsen mit hoher Sauerstoffdurchlässigkeit, vor allem solche aus Silikon-Hydrogel, sind hier klar im Vorteil. Sie verhindern eine Unterversorgung der Hornhaut und sorgen selbst auf 2.000 oder 3.000 Metern Höhe für ein angenehmes Tragegefühl. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen Tageslinsen nicht die optimale Lösung sind, sondern in denen eine gut angepasste, formstabile Kontaktlinse für eine deutlich bessere Sicht und mehr Komfort sorgt. Für besonders aktive Kunden, die tagsüber völlig ohne Linse oder Brille auskommen wollen, oder jene, die sehr unter trockenen Augen leiden, bietet die Orthokeratologie eine spannende Alternative. Durch das nächtliche Tragen dieser formstabilen Speziallinsen wird die Hornhaut so modelliert, dass tagsüber eine ausreichende Korrektur ohne Hilfsmittel – außer Sonnenbrille – besteht. Das ist ein deutlicher Komfortgewinn bei Sportarten wie Skifahren, Klettern oder Wassersport, da der Tränenfilm hier nicht durch das Tragen einer Kontaktlinse „belastet“ wird.
Joggen im Winter – klare Sicht trotz Kälte und Fahrtwind
Jogger, die auch im Winter aktiv bleiben, wissen, wie schnell kalter Wind die Augen reizen kann. Eine Brille beschlägt sofort, wenn die warme Atemluft auf die kalte Luft trifft. Kontaktlinsen hingegen bleiben klar, egal wie schnell man läuft oder wie kalt es ist. Da sie direkt auf dem Auge sitzen, bewegen sie sich beim Laufen nicht. Dennoch sollten Läufer ihre Augen mit einer leichten Sportbrille schützen, um Wind, Staub und UV-Strahlung abzuwehren. Auch an grauen Tagen erreicht UV-Licht die Augen.
Die geringere Luftfeuchtigkeit im Winter kann beim Laufen zu trockenen Augen führen, da der Fahrtwind die Tränenflüssigkeit verdunstet. Wer regelmäßig läuft, sollte deshalb befeuchtende Tropfen nutzen und weiche, gut benetzende Linsen tragen. Ideal sind hier Tageslinsen, da sie nach jeder Anwendung entsorgt werden können – ohne zusätzlichen Pflegeaufwand und ohne dass sich Rückstände oder Schmutzreste festsetzen können.
Radfahren – scharf sehen, auch wenn’s stürmt
Auch für Radfahrer stellt der Winter eine Herausforderung dar. Fahrtwind, Streusalz und Schmutzpartikel belasten die Augen. Eine Brille beschlägt unter der Mütze oder dem Helm schnell und kann verrutschen. Kontaktlinsen haben hier einen sicherheitsrelevanten Vorteil: Sie garantieren auch beim schnellen Blick über die Schulter eine perfekte Sicht. Unter der Radbrille bleiben die Augen zudem windgeschützt.
Wer auch im Winter regelmäßig Fahrrad fährt, sollte allerdings auf ausreichenden UV-Schutz achten. Ideal sind spezielle Sportbrillen mit UV-400-Schutz.
Auf die kompetente Beratung kommt es an
Was den Winter von anderen Jahreszeiten unterscheidet, ist die Kombination aus Belastung und Unwissenheit: Die Augen müssen mehr leisten, während gleichzeitig seltener spezielle Beratungen für diese Jahreszeit angeboten werden. Wer als Anpasser diese Lücke schließt, schafft echten Mehrwert. Dazu gehört es, die Kunden über die Auswirkungen auf den Tränenfilm und die Augengesundheit aufzuklären sowie über die im individuellen Fall empfohlenen Maßnahmen zu informieren. Der Kunde sollte verstehen, dass die Linse nur ein Teil des Systems ist und dass Umgebung, Pflege und Verhalten ebenso wichtig sind.
Viele Fachleute unterschätzen die Wirkung psychologischer Faktoren. Wer seine Beschwerden versteht und einige Tricks kennt, wie häufigeres Blinzeln bei Fahrtwind oder gezieltes Befeuchten vor dem Start, bleibt eher bei der Kontaktlinse und empfindet sie als sichere Lösung. Diese Form der Beratung stärkt das Vertrauen in die Anpassung und steigert die Zufriedenheit spürbar.
Winterliche Bedingungen verändern die Biologie des Auges, was wissenschaftlich gut dokumentiert ist. Als Anpasser müssen wir darauf achtsam reagieren und mit unserem Wissen zu einem komfortablen und sicheren Kontaktlinsentragen beitragen. Die Kombination aus der für den Kunden besten Kontaktlinse, konsequenter Hygiene, individueller Trageempfehlung und fundierter Aufklärung ist die beste Grundlage für beschwerdefreies Sehen bei Kälte, Wind und Sonne. Wer auf seine Augen achtet, kann die kalte Jahreszeit in ihrer schönsten Form erleben: klar, frisch und mit rundum guter Sicht.
Referenzen:
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