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Abmahnung

Bild: envato

Leider kommt es immer wieder vor, dass Mitarbeiter sich nicht entsprechend der im Arbeitsvertrag gemachten Vereinbarungen verhalten, was im Extremfall sogar zur Geschäftsschädigung führen kann. Vor der Kündigung steht Ihnen als Arbeitgeber die Abmahnung zur Verfügung, mit dem Sie dem Arbeitnehmer quasi eine „letzte Verwarnung“ erteilen. 

Eine Abmahnung will keiner

Die Abmahnung ist vor der Kündigung das „schwerste Geschütz“, das Sie auffahren können. Sie bedeutet in jedem Fall Ärger, Streit und auch Schaden für das Betriebsklima. Darum sollte man vor einer Abmahnung zunächst das Gespräch mit dem Mitarbeiter suchen. Es ist gar nicht so selten, dass dem Mitarbeiter – insbesondere auch dem Auszubildenden – gar nicht bewusst ist, dass er beispielsweise gegen Inhalte des Arbeitsvertrags gehandelt hat. Wenn sich die Angelegenheit in einem Gespräch klären lässt, ist beiden Seiten geholfen. 

Wenn sich das Verhalten des Mitarbeiters nicht ändert, sollten Sie zunächst eine schriftliche Ermahnung an den Arbeitnehmer schicken. Je nachdem, wie schwer der Verstoß des Arbeitnehmers wiegt, sollten Sie hier allerdings schon eine Abmahnung androhen.

Unterschied Ermahnung oder Abmahnung

Der entscheidende Unterschied zwischen einer Ermahnung und einer Abmahnung besteht darin, dass der Arbeitgeber in der Abmahnung im Wiederholungsfall die Kündigung androht. Die Ermahnung soll den Mitarbeiter hingegen – mit Nachdruck – auf sein Fehlverhalten hinweisen. Wenn Sie so wollen, ist die Ermahnung so etwas, wie die gelbe Karte beim Fußball. Die Abmahnung ist dann schon die rote Karte – danach kann der Mitarbeiter nur noch vom Platz gestellt werden. 

Wann kann man abmahnen?

Grundsätzlich können Sie jede Verletzung von arbeitsvertraglichen Regeln abmahnen, wenn Sie das Fehlverhalten nachweisen können. Als Beweis können hierfür beispielsweise auch Aussagen von Kollegen und/oder Vorgesetzten herangezogen werden, wenn diese schriftlich festgehalten wurden. Aber auch die genaue Beschreibung des Fehlverhaltens mit Angabe des Datums und der Uhrzeit kann unter Umständen schon als Beweis ausreichen. Typische abmahnfähige Vergehen sind beispielsweise:

  • Alkohol- oder Drogenkonsum am Arbeitsplatz
  • Unhöfliches oder beleidigendes Verhalten (Mobbing) gegenüber Mitarbeitern, Kunden, Vorgesetzten usw. 
  • Sexuelle Belästigung
  • Nicht rechtzeitig oder gar nicht eingereichte Krankmeldung
  • Wiederholte (ständige) Unpünktlichkeit oder nachweisliche Fälschung der Zeiterfassung
  • Ungenehmigte Inanspruchnahme von Urlaub oder verspätete Rückkehr aus dem Urlaub
  • Ignorieren von Anweisungen durch Vorgesetzte beziehungsweise die Nichterledigung von Arbeitsaufträgen
  • Ausfallende Äußerungen oder beleidigende und unsachliche Kritik an Entscheidungen von Vorgesetzten und Arbeitgeber
  • Verschweigen oder bewusst falsche Wiedergabe von Informationen
  • Fahrlässiger Umgang mit sensiblen Daten (z.  B. Kundendaten)
  • Nachweislicher Diebstahl
  • Ungenehmigte Tätigkeit für Mitbewerber
  • Nicht einhalten von Sicherheitsvorschriften
  • Verletzung von Betriebsgeheimnissen
  • Unterdurchschnittliche Arbeitsleistung

Ein immer häufiger auftretendes Streitthema ist die private Nutzung des Internets. Grundsätzlich darf der Mitarbeiter das Internet nur nutzen, wenn der Arbeitgeber dies erlaubt. Doch was ist unter „privater Nutzung“ zu verstehen. Die Arbeitsgerichte haben beispielsweise folgende Vorgänge als privat angesehen:

  • Nutzung eines Firmen-PCs zum privaten surfen oder schreiben von E-Mails. 
  • Downloaden von Daten, Filmen, Musik usw. für private Zwecke.
  • Private Nutzung des eigenen Smartphones während der Arbeitszeit (nicht in den Pausen) 
  • Fotografieren mit dem Handy am Arbeitsplatz.

Viele Arbeitgeber tolerieren den Gebrauch des privaten Smartphones in Ausnahmefällen. Es kann aber auch ein generelles Verbot ausgesprochen werden. Dann dürfen die Mitarbeiter ihre Geräte ausschließlich in der Pause nutzen. Wer sich nicht hieran hält, muss mit einer Abmahnung rechnen. 

Besteht der Verdacht, dass gegen das Verbot der privaten Nutzung von Firmenrechnern verstoßen wird, darf der Arbeitgeber auch ohne Einverständnis des Mitarbeiters den Browserverlauf des Firmenrechners auswerten (Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14.01.2016 – Aktenzeichen 5 Sa 657/15)

Es kommt auf den Einzelfall an

Grundsätzlich muss bei jeder Abmahnung vorher der Einzelfall geprüft werden. Besonders wichtig ist dabei, dass die Vorwürfe eindeutig dokumentiert sind und bewiesen werden können. Je nach Schwere des Vergehens kann es auch sein, dass eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich ist. 

Kommt es wegen der Abmahnung zum Rechtsstreit, prüfen die Gerichte vor allem, ob die Abmahnung verhältnismäßig ist. Kommt ein Mitarbeiter beispielsweise nur ausnahmsweise zu spät, ist dies noch kein Grund zu Abmahnung. Erst wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer ein „notorischer Zu-spät-Kommer“ ist, können Sie eine Abmahnung aussprechen. Auch das vorherige Verhalten des Mitarbeiters spielt hier eine Rolle. War ein Arbeitnehmer über viele Jahre zuverlässig und loyal gegenüber dem Unternehmen, müssen die Grenzen der Tolerierung von Fehlverhalten weitergezogen werden, als bei jemandem, der bereits in den ersten Monaten unangenehm auffällt. 

Was muss in der Abmahnung stehen?

Zu einer Abmahnung gehören grundsätzlich drei Punkte, die sie in jedem Fall enthalten muss. Zunächst muss das Fehlverhalten möglichst präzise beschrieben werden. Allgemeine Umschreibungen, wie etwa „dauernde Unpünktlichkeit“ oder „schlechte Arbeitsleistung“ reichen für eine Abmahnung nicht aus. Zur präzisen Beschreibung gehört, dass der Vertragsverstoß genau bezeichnet wird und angegeben wird, wann der Mitarbeiter den Verstoß begangen hat (Datum und möglichst auch mit Uhrzeit).

Das Verhalten muss ausdrücklich als Vertragsverstoß bezeichnet und abgemahnt werden. Darüber hinaus sollte man den Arbeitnehmer explizit dazu auffordern, das Verhalten, das zum Verstoß führte, zukünftig zu unterlassen.

Schließlich müssen Sie in der Abmahnung darauf hinweisen, dass dem Mitarbeiter im Wiederholungsfall die Kündigung droht. Damit erhält der Mitarbeiter eine letzte Chance. Denn Sie dürfen nicht direkt nach der Abmahnung kündigen. Das können Sie erst, wenn der Mitarbeiter sein Verhalten nicht ändert. Einer verhaltensbedingten Kündigung muss deshalb auch immer eine Abmahnung vorausgehen.

Bis wann muss eine Abmahnung erfolgen? 

Bis wann eine Abmahnung erfolgen muss, ist gesetzlich nicht geregelt. Auch die Gerichte haben keine festen Fristen bestimmt. Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings davon gesprochen, dass eine Abmahnung „zeitnah“ erfolgen soll. Allgemein hat sich deshalb eingebürgert, dass man eine Abmahnung innerhalb von 14 Tagen nach der Verfehlung aussprechen sollte. Verhält sich ein Mitarbeiter beispielsweise unhöflich gegenüber Kunden und Sie tolerieren das über einen längeren Zeitraum, dürfte das Gericht eine Abmahnung nach mehreren Monaten gegenüber Ihrer Begründung skeptisch reagieren – wer nimmt ein solches (geschäftsschädigendes) Verhalten schon über einen so langen Zeitraum hin?

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Etwas anderes ist es, wenn für die Abmahnung beziehungsweise den Beweis des Fehlverhaltens Recherchen notwendig werden. Das wird von den Gerichten natürlich akzeptiert, so dass dann eine Abmahnung „zeitnah“ nach Abschluss der Recherchen erfolgen soll. 

Form der Abmahnung

Grundsätzlich gibt es für eine Abmahnung keine Formvorschrift. Sie kann also nicht nur schriftlich per Brief, Mail oder Fax erfolgen, sondern kann auch mündlich ausgesprochen werden. Allerdings sollten Sie immer bedenken, dass Sie bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung nachweisen müssen, dass die Abmahnung auch tatsächlich erfolgte. Deshalb sollte man eine Abmahnung grundsätzlich schriftlich erteilen und den Erhalt auf einer Kopie der Abmahnung vom Arbeitnehmer unterschreiben lassen.

Die Abmahnung in der Personalakte

Bevor die Abmahnung zur Personalakte genommen wird, muss dem Arbeitnehmer noch einmal die Möglichkeit gegeben werden, sich zu dem abgemahnten Sachverhalt zu äußern. Da dieses Gespräch später bei einem Rechtsstreit eine wichtige Rolle spielen kann, sollte es immer unter Zeugen geführt werden. Außerdem sollte ein Protokoll angefertigt werden, das die Beteiligten unterschreiben und das mit der Abmahnung zur Personalakte genommen wird. 

Häufig hört man das Argument, dass eine Abmahnung nach zwei Jahren ungültig wird. Doch grundsätzlich verfällt eine gerechtfertigte Abmahnung nicht und muss deshalb auch nicht nach zwei Jahren aus der Personalakte genommen werden. 

Hat sich der Mitarbeiter jedoch nichts mehr zuschulden kommen lassen, kann die Abmahnung nicht mehr als Begründung für eine Kündigung herangezogen werden (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13.07.2012 – Aktenzeichen 2 AZR 782/11). Damit wird sie aber nicht ungültig und kann deshalb auch weiter in der Personalakte verbleiben. Bei einem tadellosen Verhalten hat der Arbeitnehmer allerdings gute Chancen, nach zwei Jahren eine Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gerichtlich durchzusetzen. Eine Entfernung aus der Akte wäre dann denkbar, wenn kein Interesse an einer weiteren Aufbewahrung von Seiten des Arbeitgebers besteht. 

Ist eine Abmahnung allerdings nicht gerechtfertigt, muss sie aus der Personalakte entfernt werden, wenn dies der Mitarbeiter verlangt. Ob das Fehlverhalten des Mitarbeiters eine Abmahnung rechtfertigt, entscheidet der Arbeitgeber. Ob seine Entscheidung einer rechtlichen Prüfung standhält, hängt vom Einzelfall ab.

Wichtig: Wird eine Abmahnung aus formellen Gründen verworfen und aus der Personalakte entfernt, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, dass der Arbeitgeber in dem abgemahnten Verhalten keinen Grund mehr für eine Kündigung sieht (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.02.2009 – Aktenzeichen 2 AZR 603/07). Was „formelle Gründe“ sind, ist gesetzlich nicht definiert.

Rechtswidrig ist die Abmahnung auf jeden Fall, wenn die angeführten Tatsachen nicht der Wahrheit entsprechen, der Inhalt nicht eindeutig ist oder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt wird. 

Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass eine gerechtfertigte Abmahnung grundsätzlich nicht nach einem bestimmten Zeitraum hinfällig wird und aus der Personalakte entfernt werden muss. Denn die Abmahnung kann in anderer Hinsicht von Bedeutung sein. Beispielsweise, wenn eine Position in der Firma neu besetzt werden soll oder die Versetzung von Mitarbeitern in andere Filialen ansteht. 

Ob die Abmahnung nach einem längeren Zeitraum (zwei bis drei Jahre) aus der Personalakte verschwinden muss, wird von den Gerichten individuell entschieden. Dabei spielen die folgenden Faktoren meist eine entscheidende Rolle:

  • Die Art des abgemahnten Verstoßes. Je schwerer das abgemahnte Vergehen, umso länger wird der Zeitraum sein, bei dem die Gerichte der Aufbewahrung zustimmen.
  • Das Verhalten des Mitarbeiters nach der Abmahnung. Hat er sich danach nichts mehr zuschulden kommen lassen, wird das Gericht eher einer Entnahme aus der Personalakte zustimmen, als in Fällen, bei denen erneute Abmahnungen – auch wegen anderer Vorkommnisse – erfolgten. 

Um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollten Sie Abmahnungen, die älter als zwei Jahre sind, überprüfen und aus der Akte entfernen, wenn Sie sie für nicht mehr relevant erachten. 

Während dem bestehenden Arbeitsverhältnis hat der Mitarbeiter den Anspruch, dass eine zu Unrecht erteilte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird. Dieser Anspruch ist aber nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht unbedingt gegeben (Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 08.07.2009 – Aktenzeichen 11 Sa 54/09).

Hintergrund für diese Entscheidung ist die Funktion der Abmahnung. Sie soll auf eine Verfehlung hinweisen, ein vertragstreues Verhalten einfordern und vor Konsequenzen bei weiteren Verfehlungen dieser Art warnen. Alle diese Aufgaben verlieren aber ihren Sinn, wenn der Mitarbeiter nicht mehr im Unternehmen beschäftigt wird. Deshalb hat der ehemalige Mitarbeiter nur im Ausnahmefall die Möglichkeit, die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte zu verlangen. Es muss für ihn auch nach Beschäftigungsende nachteilig sein, dass die Unterlagen in der Akte verbleiben. Dies muss er aber auch beweisen können.

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