|

Das A und O einer guten Brille

Bild: Bo Dean/stock.adobe

Zentrierdatenbestimmung von altbewährt bis hochmodern

Als Augenoptiker ist es unsere Aufgabe, unsere Kunden nicht nur mit passenden Brillenfassungen zu versorgen. Dabei spielen die Glasstärke und der Sitz der Brillenfassung eine zentrale Rolle. Ob eine Brille tauglich ist oder nicht, steht und fällt jedoch mit der Bestimmung der Zentrierdaten. Für die exakte Brillenglaszentrierung stehen dem Augenoptiker verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Die Methoden reichen von manuell bis hoch technisiert.

Wie ein Relikt aus vergangener Zeit kommt der PD-Maßstab daher. Ein skurril aussehendes Lineal mit Nasenaussparung und diversen Skalen zum Ablesen von Höhe und Pupillendistanz. Obwohl es heute nur noch selten so benutzt wird, wie es ursprünglich gedacht war, ist es aus ­keinem Augenoptikergeschäft wegzudenken. Wer heute noch „nach Viktorin“ anzeichnet, malt wahrscheinlich wasserfeste Markierungen auf die Stützscheiben und nutzt den PD-Maßstab nur noch zum Nachmessen der Anzeichnungen. Auch wenn diese Methode oft belächelt und vor allem den „ewig-gestrigen“ Augenoptikern zugeschrieben wird, so hat sie trotzdem ihre Daseinsberechtigung. Es ist der Teil unserer Arbeit, der – auch im Verkaufsraum – noch „Handwerk!“ schreit und bei absolutem Stromausfall immer tadellos funktionieren wird. Vorteil dieser Messmethode ist, dass man seinen Kunden sehr genau beobachten kann, um dessen typische Körperhaltung einzuschätzen. Diese ist für die Anpassung von Bifokal- oder Gleitsichtgläsern immens wichtig. Obwohl hochmoderne Video-Zentriergeräte super präzise messen, können sie nicht erkennen, wie sich der Kunde wirklich bewegt, wie er steht und ob er sich für den ­Moment der Messung besonders gerade hingestellt hat. 

Hightech impliziert Können

Leider ist so ein PD-Maßstab nicht gerade ein Verkaufsargument für hochwertige Brillengläser. Wenn Kunden für einen Satz Brillengläser mehrere Hundert Euro zahlen, sollte auch ein bisschen Hightech dabei sein. Schließlich gehört Klappern zum Handwerk. Im Zeitalter hochmoderner Technik wird auch beim Augenoptiker ein gewisser Standard erwartet. So bestimmen moderne Video-Zentriergeräte weit mehr als Höhe und PD. Sie fügen sich teilweise nahtlos in die Ladeneinrichtung ein, fungieren nebenbei als Spiegel, helfen beim Beraten und ergänzen durch die Möglichkeit der virtuellen Anprobe spielend leicht das Sortiment. Je nach Hersteller werden auch Messdaten für die Glasfertigung erfasst und diese individualisieren die Brille noch einmal mehr.

Im Mittelpunkt aller Bemühungen steht immer das Kunden­erlebnis. Ein Vorteil moderner Zentriergeräte ist, dass sie als Beratungshilfe genutzt werden können. Beschichtungen erklären ist schön und gut. Doch wenn dem Kunden erlebbare Bilder präsentiert werden, vergisst er diese Eindrücke definitiv nicht so schnell wieder. 

Alleskönner Seiko Vision Xperience Tool

Seiko hat für die exakte Bestimmung der Zentrierdaten das Seiko Vision Xperience Tool entwickelt. Die Messung dauert nur wenige entspannte Minuten und erfasst die Zentrierdaten hochpräzise auf ein zehntel Millimeter genau. Die Vorstellung, wie man durch ein Einstärken- bzw. Gleitsichtglas durchschaut und wie verschiedene Beschichtungen funktionieren, kann mittels Simulation viel einfacher erklärt und dargestellt werden als durch Worte. Das Highlight dieses Gerätes ist die virtuelle Anprobe verschiedener ­Modelle, was die Entscheidung für den Kunden deutlich einfacher macht. Gerade hochgradig fehlsichtige Kunden profitieren sehr von dieser Funktion, denn sie bedeutet, dass sie sich selbst mit der neuen Brille ­sehen können, und zwar ohne Hilfsmittel und unnatürlichen Abständen vor dem Spiegel. Moderne Technik macht sogar den Blick von der Seite möglich. Somit werden Beratungs-Highlights und praktische Notwendigkeit miteinander verbunden und für den Kunden entsteht beim Brillenkauf ein ganzheitliches Erlebnis.

Anzeige
Alcon Banner

Visufit 1000 – ein Universalgenie

Mit dem Visufit 1000 hat auch Zeiss ein multifunktionales Zentriersystem auf den Markt gebracht, das deutlich mehr kann als Höhe und Pupillendistanz zu bestimmen. Mit dem Visufit 1000 wird ein 3D Bild des Kunden erstellt, welches ebenfalls die virtuelle Anprobe verschiedener Brillenfassungen ermöglicht. Das Beste daran ist, dass Augenoptiker ganze Fassungskollektionen verschiedenster Hersteller auf dem Gerät speichern können. So können sie dem Kunden gezielt die Lieblingsfassung in der gewünschten Farbe zur virtuellen Anprobe auf die Nase setzen, ohne dass die Fassung tatsächlich im Geschäft vorhanden sein muss. Technische Highlights sind zudem, dass die Messung ganz ohne den zusätzlichen Messbügel auskommt, die Körperhaltung bis zu einem bestimmten Maß des Kunden erkannt und notfalls nachkorrigiert wird oder dass der Hornhaut­scheitelabstand sogar bei einer Fassung mit breiten Bügeln zuverlässig gemessen wird. Damit unterstützt der Visufit 1000 den gesamten Beratungsablauf. Auch hier erfährt der Kunde ein umfangreiches Erlebnis, das ihm lange in Erinnerung bleiben wird.

Wegweisend: Der Rodenstock Impressionist 4+

Wenn es um innovative Zentriergeräte ging, hat Rodenstock mit seinem Impressionist schon immer in der obersten Liga mitgespielt. Mittlerweile wurde die jüngste Generation überarbeitet, sodass seit Herbst vergangenen Jahres der Impressionist 4+ erhältlich ist. Auch mit diesem Gerät werden hochpräzise Fotos erzeugt, und zwar ohne den Messbügel, der die Qualität des Ergebnisses oft negativ beeinflusst. Ein patentiertes 3D-Stereokamerasystem nimmt aus zwei verschiedenen Perspektiven qualitativ hochwertige Bilder auf und misst damit den Pupillenabstand, die Höhe, den Fassungsscheibenwinkel, die Vorneigung, die Pupillengröße und den Hornhautscheitelabstand. Für mehr Bedienungskomfort kann die neueste Variante des ­Impressionist 4+ direkt über den Touch-Monitor, einen weiteren PC oder ein iPad bedient werden. Ein weiteres Highlight ist das integrierte Abstands-LED-Licht, das eine Positionierhilfe auf den Boden projiziert und damit den optimalen Abstand des Brillenträgers zum Gerät kennzeichnet. Zudem wird die vereinfachte Auswertung der Messergebnisse durch ein weiterentwickeltes Software-Assistenzsystem unterstützt, das nicht nur die Plausibilität der Messwerte prüft, sondern auch direkt eine opti­mierte Fassungsform-Vorauswahl bietet.

Visureal Master – Minimalismus smart gedacht

Hoya hat mit dem Visureal Master ein Gerät geschaffen, das seine Funktion auf den ersten Blick kaum erahnen lässt und sich zu 100% in das Ladendesign einfügt. Es mutet an wie ein simpler Spiegel. Doch unter der unscheinbaren Erscheinung verbirgt sich absoluter Hightech. Für eine Aufnahme wählt das System zwei der insgesamt sechs verbauten ­Kameras aus, die am besten zur Höhe und zum Fassungstyp passen, und erstellt ein hochwertiges Bild. Das geschieht ganz ohne Messaufsatz und auch der Messabstand wird vom Visureal Master selbstständig erkannt. So werden alle notwendigen Messdaten schnell, einfach und präzise ermittelt. Bedient wird der Visureal Master bequem per PC, Notebook, Tablet oder Smartphone, auf dem alle Parameter angezeigt werden und zur Weiterverarbeitung zur Verfügung stehen. Der Visureal ­Master punktet vor allem durch sein super schlichtes Design, seine intuitive Bedienung und die sehr hohe Messgenauigkeit.

Mit hochmodernen Lösungen punkten

Mit der Zentrierdatenerfassung wird gemessen, wie die Gläser in die Fassung eingepasst werden müssen, damit der Kunde ein perfektes Seherlebnis genießen kann. Doch es gibt Ausnahmen, die noch mehr Möglichkeiten bieten. So werden z. B. die Brillengläser an den Kopf und die ­Gewohnheiten der Kunden angepasst. Wir alle kennen die Probleme, wenn ein Kunde sich einfach nicht an seine neuen Brillengläser gewöhnen kann, weil er zu wenig durch Kopfbewegungen, sondern durch Augenbewegungen Objekte anvisiert. Dadurch empfindet mancher Kunde insbesondere zu Beginn Gleitsicht­gläser als unbequem und kommt nicht so gut zurecht, wie man es sich wünschen würde. Vor Jahren gab es von Rupp und Hubrach ein Gerät, welches die sogenannten Headmover von den Eyemovern unterscheiden sollte und danach die Gleitsichtgläser im Design für den jeweiligen Typ optimierte. Heute gibt es dafür hochmoderne Lösungen. Mittlerweile kann dazu eine VR-Brille genutzt werden, um die Bewegungsmuster der Augen zu erkennen und die Gläser dahingehend zu optimieren. Wer damit bereits arbeitet, hat ein Alleinstellungsmerkmal, da Kunden diesen Service aktuell noch nicht zwingend von einem Augenoptiker erwarten. 

Fazit 

Die Zentrierung ist das A und O einer guten Brille. ­Ohne sie funktioniert ein gutes Sehen mit einer neuen Brille kaum. Im Grunde könnte auch heute noch in vielen Situationen einfach mit dem PD-Maßstab angezeichnet werden und sehr genaue Zentrierdaten ermittelt werden. Allerdings bieten digitale Zentriersysteme sehr viel mehr als einfach nur Zentrierdaten. Sie unterstützen beim Beraten, sie simulieren Alltagssituationen und verschiedene Glasarten. Mit einigen Systemen kann sogar die Fassungsberatung vereinfacht oder beschleunigt werden. Zudem steht virtuell ein nahezu unendliches Fassungs-Sortiment zur Verfügung, aus dem der Kunde auswählen kann. Höchste Zeit also, um sich – zumindest teilweise – von seinem PD-Maßstab zu verabschieden und einen Blick auf die modernen Hightechgeräte zu richten.

Ähnliche Beiträge