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Hohe Myopie bei Kindern

Bilder: Getty Images/Unsplash

Eine besondere Herausforderung für Augenspezialisten

Hohe Myopie bei Kindern ist ein seltenes, aber klinisch herausforderndes Phänomen, das vor allem Ophthalmologen, aber auch Augenoptiker und Optometristen vor besondere Aufgaben stellt. Im Gegensatz zur häufigen Myopie-Progression bei Schulkindern folgt diese Form nicht den klassischen Mustern der Entwicklung einer Myopie. Stattdessen ist sie häufig mit komplexen Ursachen wie genetischen Erkrankungen, syndromalen Störungen oder Frühgeburtlichkeit verbunden.1

Oft kann eine hohe Myopie das erste „sichtbare“ Anzeichen für eine zugrunde liegende Erkrankung wie  zum Beispiel eine vererbte Netzhautdystrophie sein.1 Aber leider wird eine Diagnose nicht immer im frühen Kindesalter erkannt.2

Die Versorgung hochmyoper Kinder erfordert nicht nur die präzise optische Korrektur, sondern auch die Fähigkeit, frühzeitig Anzeichen für systemische oder okuläre Grunderkrankungen zu identifizieren, wenn die Ursache der Myopie unklar ist. Dies macht eine enge Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Fachdisziplinen, wie Ophthalmologen oder Genetikern, unerlässlich. Besonders die enge Korrelation zwischen syndromalen Myopien und langfristigen Risiken wie Netzhautschäden verdeutlicht die Notwendigkeit einer umfassenden, frühzeitigen Betreuung.

Dieser Artikel basiert auf den Erkenntnissen des Reports des Internationalen Myopie Institutes (IMI) „Management and Investigation of High Myopia in Infants and Young Children“.3 Er soll zeigen, wie eine fundierte Anamnese umgesetzt werden kann und warum es bedeutsam ist, nicht nur die Sehentwicklung dieser Kinder zu fördern, sondern auch bei bisher unklarer Ursache für die Myopie aufmerksam hinzuschauen.

Prävalenz: Wie häufig ist hohe Myopie bei Kindern?

Hohe Myopie, definiert als myoper Refraktionsfehler von mehr als -6.00 Dioptrien, tritt bei Kindern, mit einer Prävalenz von unter 1%, selten auf.3 Sie unterscheidet sich in ihrer Häufigkeit also deutlich von der weltweit zunehmenden Myopie im Schulalter und ist oft mit spezifischen Risikofaktoren verbunden.1

Obwohl weltweit eine steigende Myopie-Prävalenz beobachtet wird4, fehlen umfassende Daten zur Häufigkeit hoher Myopie bei Kindern in der allgemeinen Bevölkerung. Verfügbar sind vor allem Studien, die sich auf Risikogruppen wie Frühgeborene oder Kinder mit bekannten genetischen Erkrankungen konzentrieren.5

Ätiologie: Ursachen der hohen Myopie im Kleinkindalter

Die Ätiologie hoher Myopie bei Kindern unterscheidet sich von der Ursache der im Schulalter beginnenden Myopie. Während letztere häufig durch Umweltfaktoren wie Naharbeit begünstigt wird, resultiert hohe Myopie, besonders bei Kleinkindern, meist aus einer Kombination genetischer Prädispositionen und systemischer Erkrankungen.1

Das IMI5 unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Myopie:

  • Primäre Myopie ist eine Fehlsichtigkeit, die ohne eine erkennbare medizinische oder pathologische Ursache auftritt. Sie wird meist durch eine verlängerte axiale Augenlänge oder einen erhöhten refraktiven Fehler (z.B. zu starke Brechkraft der Hornhaut oder Linse) verursacht. Primäre Myopie kann genetisch bedingt sein und durch Umweltfaktoren verstärkt werden. Sie beginnt häufig in der Kindheit oder Jugend, ist nicht mit anderen systemischen oder okulären Erkrankungen verbunden und wird als isolierter refraktiver Fehler betrachtet.
  • Sekundäre Myopie entsteht durch spezifische Erkrankungen oder externe Einflüsse. Das IMI definiert sie als „einen myopischen Refraktionszustand, für den eine einzelne, spezifische Ursache (z.B. ein Medikament, eine Hornhauterkrankung oder ein systemisches klinisches Syndrom) identifiziert werden kann, die kein anerkannter Risikofaktor für die Myopie-Entwicklung in der Bevölkerung ist“.5

Liegt eine hohe Myopie, besonders im frühen Kindesalter vor, kann also eine sekundäre Myopie-Form ursächlich sein.

Ein häufig auftretender Risikofaktor ist die Frühgeburtlichkeit, insbesondere bei Kindern mit Frühgeborenen-Retinopathie (Retinopathia prematurorum (ROP).

Darüber hinaus treten genetische Mutationen und syndromale Erkrankungen häufig mit hoher Myopie auf. Beispiele sind das Stickler-Syndrom, Marfan-Syndrom und Ehlers-Danlos-Syndrom, bei denen die Myopie oft mit weiteren okulären und systemischen Auffälligkeiten wie Netzhautablösungen oder Bindegewebsanomalien einhergeht. Weitere Ursachen können kongenitales Glaukom, Katarakte oder Keratokonus sein.

Die genaue Identifikation der Ursache ist entscheidend, da sie nicht nur die Wahl der optischen Versorgung, sondern auch Prognose und Management der Erkrankung beeinflusst.

Häufigste Erkrankungen im Zusammenhang mit hoher Myopie bei Kindern

Retinopathia prematurorum (ROP): ROP ist eine Netzhauterkrankung bei Frühgeborenen, die durch eine unvollständige Entwicklung der Netzhautgefäße entsteht. Sauerstoffmangel oder Eingriffe wie Laser- oder Kryotherapie können Narben und Netzhautablösungen verursachen. Kinder mit ROP haben ein deutlich erhöhtes Risiko für hohe Myopie, da die Störungen im Augenwachstum die Netzhaut und den Augapfel abnormal beeinflussen.6,7

Retinale Dystrophien: Retinale Dystrophien sind genetisch bedingte Erkrankungen, die fortschreitenden Sehverlust verursachen und häufig mit hoher Myopie verbunden sind.

  • Retinopathia pigmentosa: Eine degenerative Netzhauterkrankung, die das Nachtsehen und später das Tagessehen beeinträchtigt.
  • Zapfendystrophien: Störungen der Farbwahrnehmung und des zentralen Sehens, oft begleitet von hoher Myopie und Sehschärfenverlust.

Stickler-Syndrom: Das Stickler-Syndrom ist eine genetische Bindegewebserkrankung, die Augen und andere Organe betrifft. Es erhöht das Risiko für Netzhautablösungen und Glaskörperanomalien. Hohe Myopie tritt häufig bereits im Kindesalter auf.8

Marfan-Syndrom: Das Marfan-Syndrom ist eine genetische Bindegewebserkrankung, die oft mit überlangen Gliedmaßen und Herz-Kreislauf-Problemen einhergeht. Es führt im Auge häufig zu einer Linsenluxation, die neben hoher Myopie das Sehen zusätzlich beeinträchtigt.9

Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS): Das Ehlers-Danlos-Syndrom ist eine genetische Bindegewebserkrankung, die Gelenkhypermobilität, fragile Haut und Gefäßprobleme verursacht. Im Auge kann EDS die Sklera schwächen, was eine axiale Verlängerung und damit hohe Myopie fördert.10

Keratokonus: Keratokonus ist eine Hornhauterkrankung, bei der sich die Hornhaut unregelmäßig nach außen wölbt. Dies verursacht hohe Myopie und eine deutliche Sehschärfenverschlechterung. Die Erkrankung tritt häufiger bei Kindern mit Down-Syndrom auf und erfordert besondere Aufmerksamkeit in der Sehversorgung.

Kongenitales Glaukom: Kongenitales Glaukom ist eine seltene Erkrankung, bei der erhöhter Augeninnendruck den Sehnerv schädigt. Typisch sind ein vergrößerter Augapfel (Buphthalmus) und hohe Myopie. Unbehandelt kann es zu schweren Sehstörungen bis hin zur Erblindung führen.

Wann deutet Myopie auf mehr hin? Wichtige Anzeichen erkennen!

Hohe Myopie bei Kindern unter zehn Jahren birgt ein erhöhtes Risiko für zugrunde liegende systemische oder okuläre Erkrankungen. Das IMI empfiehlt daher, jede hohe Myopie in dieser Altersgruppe auf mögliche okulare, genetische oder systemische Ursachen zu untersuchen.3 Anzeichen, die darauf hindeuten, dass „mehr“ hinter der Myopie steckt, können sein:3

  • Ein auffallend schlechter korrigierter Visus: Wenn die Sehschärfe trotz optimaler Korrektur schlechter ist als erwartet, könnte dies auf Netzhauterkrankungen oder andere okuläre Pathologien hinweisen. Ein unerklärlich schlechter Visus ist ein Indiz für eine zugrunde liegende Netzhauterkrankung, wie z.B. eine retinale Dystrophie.
  • Nystagmus: Unkontrollierte Augenbewegungen (Nystagmus) deuten häufig auf neurologische oder retinale Erkrankungen wie kongenitale Netzhautdystrophien hin. Nystagmus kann die visuelle Entwicklung erheblich beeinträchtigen und erfordert eine sorgfältige Untersuchung.
  • Farbsehstörungen: Defekte in der Farbwahrnehmung, besonders im Blau-Gelb-Bereich (Tritan-Defekte), können auf Netzhauterkrankungen wie Zapfendystrophien hinweisen. Farbsehstörungen sind ein wichtiger Indikator für zugrunde liegende Netzhautanomalien.
  • Morphologische Auffälligkeiten: Faziale Dysmorphien (z.B. beim Stickler-Syndrom) oder systemische Auffälligkeiten wie Gelenkhypermobilität (z.B. beim Ehlers-Danlos-Syndrom) können auf syndromale Ursachen der Myopie hinweisen. Körperliche Auffälligkeiten sollten auf mögliche genetische oder syndromale Erkrankungen untersucht werden.

Screening in der klinischen Augenheilkunde

In spezialisierten Kinderaugenkliniken umfasst das Screening von Kleinkindern mit hoher Myopie Tests zur Identifikation systemischer oder okulärer Erkrankungen. Wichtige Methoden sind:

Visusprüfung: Altersgerechte Sehtests wie Bildertafeln oder Lea-Symbole helfen, den Sehstatus des Kindes zu beurteilen und mögliche Sehstörungen zu erkennen.

Zykloplegische Refraktion: Diese Messung bestimmt präzise den Refraktionsfehler und unterscheidet refraktive von axialen Myopie-Formen. Sie ist entscheidend für eine Diagnose zur Ursache der Myopie.

Farbsehtests: Farbsehtests wie die Hardy-Rand-Rittler (HRR)-Tafeln oder der Farnsworth D-15-Test können genutzt werden, um Farbsehstörungen zu erkennen, die auf Netzhauterkrankungen hinweisen.

Pupillenreaktion: Eine abnorme Reaktion, wie eine untypische Konstriktion der Pupille in der Dunkelheit, kann auf Netzhautanomalien wie kongenitale Nachtblindheit oder Achromatopsie hinweisen und erfordert eine gründliche Untersuchung durch einen Spezialisten.

Fundusuntersuchung: Mithilfe von Weitwinkel-Fundusfotografie oder Optical Coherence Tomography (OCT) können strukturelle Veränderungen wie Netzhautdystrophien, myope Makulopathien oder posteriores Staphylom diagnostiziert werden.

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Elektrophysiologische Tests: Visuell evozierte Potenziale (VEP)- oder ERG-Untersuchungen (Elektroretinogramme) bewerten die Netzhautfunktion, insbesondere bei Verdacht auf retinale Dystrophien, und liefern wichtige diagnostische Informationen.

Gesichtsfeldprüfung: Bei älteren Kindern kann eine automatische Perimetrie eingesetzt werden, um Gesichtsfelddefekte zu erkennen, die auf Netzhauterkrankungen oder Glaukome hinweisen.

Optometrische Praxis: Leitfaden zum (Myopie-)Management hochmyoper Kleinkinder

Wenn ein hochmyopes Kind ohne klare Diagnose in die Praxis kommt, sollten Augenoptiker/Optometristen nicht nur eine Sehhilfe anpassen, sondern auch Anzeichen für systemische oder okuläre Erkrankungen erkennen und rechtzeitig an Fachkollegen überweisen.

Schritt 1: Eine gründliche Anamnese

Eine detaillierte Anamnese dient dazu, den Hintergrund der Myopie zu verstehen. Wichtige Fragen umfassen:

  • Geburtsgeschichte: War das Kind eine Frühgeburt? Gab es Komplikationen wie Sauerstoffmangel oder eine Frühgeborenen-Retinopathie (ROP)?
  • Familiäre Vorgeschichte: Gibt es familiäre Fälle von hoher Myopie oder Netzhauterkrankungen? Sind genetische Erkrankungen wie das Stickler- oder Marfan-Syndrom oder andere Bindegewebserkrankungen bekannt? Gibt es Sehbeeinträchtigungen in der Familie?
  • Entwicklungsverlauf: Gab es Verzögerungen in der motorischen oder sprachlichen Entwicklung?
  • Medizinische Vorgeschichte: Liegen bekannte Erkrankungen vor, die Augenwachstum, Bindegewebe oder Netzhaut betreffen könnten? Gab es eine Vorgeschichte von Hörverlust?

Schritt 2: Auffälligkeiten erkennen

Ein mögliches Indiz, dass die Myopie des Kindes möglicherweise mehr als einen einfachen Refraktionsfehler darstellt, liegt dann vor, wenn die Myopie des Kindes höher ist als das Alter in Jahren und mindestens eine weitere Auffälligkeit vorliegt.3  Wenn beispielsweise ein 3-jähriges Kind bereits -4,00 Dioptrien hat und ein Nystagmus sichtbar ist, ist dies ein Warnsignal, das der Augenoptiker/Optometrist ernst nehmen sollte. Weitere Auffälligkeiten sind:

Familiäre Auffälligkeiten: Hohe Myopie, Netzhauterkrankungen oder genetische Erkrankungen, besonders Bindegewebserkrankungen in der Familie.

Ungewöhnlicher Visus: Korrigierter Visus trotz optimaler Brillenverordnung unter dem altersüblichen Niveau, schlechtes Sehen im Dunkeln (kann keine Sterne am Nachthimmel sehen).

Medizinische Vorgeschichte: Frühgeburt, ROP oder andere gesundheitliche Auffälligkeiten.

Abnorme Ergebnisse in der Augenuntersuchung: Fundusuntersuchung zeigt strukturelle Auffälligkeiten wie Netzhautschäden, Vorhandensein von Nystagmus, Farbsehdefiziten (Tritan-Störungen), Scherenreflex beim Skiaskopieren oder irreguläre Hornhauttopographie.

Schritt 3: Überweisung und weitere Maßnahmen

Wenn die Myopie des Kindes höher ist als das Alter in Jahren und mindestens eine weitere Auffälligkeit festgestellt wird, sollte an einen spezialisierten Ophthalmologen oder Genetiker überwiesen werden.

Parallel dazu sollte die optische Versorgung gewährleistet werden:

  • Vollkorrektur: Es wird empfohlen, die Myopie vollständig zu korrigieren, um die visuelle Entwicklung des Kindes zu unterstützen und potenzielle Verhaltensauffälligkeiten zu vermeiden.3
  • Kontaktlinsen: Bei hoher Anisometropie oder Problemen mit der Akzeptanz von Brillen können Kontaktlinsen eine Alternative sein, um die Lebensqualität und Sehentwicklung zu verbessern. 3

Die optische Korrektur kann eine Herausforderung darstellen. Viele Kleinkinder mit hoher Myopie zeigen eine verzögerte Entwicklung, die aus der möglicherweise zugrunde liegenden Ursache resultieren kann.1 Sehbeeinträchtigungen können zudem Verhaltensauffälligkeiten verstärken, da Gesichter und Mimik schlechter erkannt werden und die motorische Entwicklung negativ beeinflusst wird11 In diesem Zusammenhang wurde von einer Studie der Begriff „visueller Autismus“ geprägt.11

Wenn auch kontrovers, mag die refraktive Chirurgie in solchen Fällen, oder auch bei kraniofazialen Anomalien, die das Tragen einer Brille oder die Anpassung von Kontaktlinsen unmöglich machen, die Sehentwicklung verbessern.3,11,12

Myopie-Kontrolle bei Kleinkindern: Was ist sinnvoll und was nicht?

Myopie-Kontrolle ist ein zentrales Thema in der modernen Augenoptik, besonders angesichts des zunehmenden Anteils myoper Kinder4 und der vermehrten Bandbreite optischer Methoden, die die Myopie-Progression verlangsamen können.13,14 Bei Kindern im Schulalter gibt es bewährte Methoden zur Verlangsamung der Myopie-Progression, wie spezielle Myopie-Brillengläser15-18, multifokale Kontaktlinsen19-21, Orthokeratologie22 oder pharmakologische Ansätze mit Atropin23. Bei hochmyopen Kindern gestaltet sich die Situation anders. Da viele gängige Myopie-Kontrollmethoden für diese Alters- und Refraktionsgruppe nicht erforscht sind, lässt sich nicht pauschal beantworten, was in diesem Fall sinnvoll ist. Das Management einer möglichen zugrundeliegenden Ursache habe hier, zumindest zu Beginn, laut IMI eine höhere klinische Priorität, als die Überwachung der Myopie-Progression.3 Bei Stickler Syndrom und kongenitaler Nachtblindheit ist die Myopie zwar hoch, häufig zeigen die Kinder aber nur eine geringe Progression.24,25 Bei Kindern mit ROP hingegen nimmt die Myopie oft im 3. und 4. Lebensjahr stark zu.26,27 Laut IMI kann, unter Abwägung von Nebenwirkungen, der Beginn einer Myopie-Kontrollbehandlung dann in Erwägung gezogen werden, wenn eine vermehrte Zunahme der axialen Augenlänge vorliege, diese Entscheidung solle jedoch stets individuell und fallbasiert getroffen werden.3

Das Myopie-Management durch Augenoptiker/Optometristen kann mehr umfassen als die Anpassung von optischen Myopie-Kontrollmethoden. Auch ein regelmäßiges Netzhautscreening sollte ein essenzieller Bestandteil des Myopie-Managements sein.28 Es bleibt jedoch eine Diskrepanz: Kinder, die aufgrund syndromaler Formen der Myopie oder anderer zugrunde liegender Erkrankungen ein hohes Risiko für Netzhautschäden haben, würden von Myopie-Kontrolle besonders profitieren. Allerdings fehlt für diese spezifischen Gruppen bislang die Evidenz, dass gängige Myopie-Kontrollmethoden wirksam sind.

Was Augenoptiker/Optometristen in den Fällen tun können:

  • Aufmerksam bleiben: Anzeichen für systemische oder okuläre Erkrankungen kennen.
  • Optisch bestmöglich korrigieren: Eine präzise Korrektur der Myopie ist essenziell, um die visuelle Entwicklung zu fördern.
  • Individuelle Myopie-Kontrolle durchführen: Bei Bedarf und unter Abwägung der individuellen Gegebenheiten eine optische Myopie-Kontrollmethode einsetzen.
  • Verlaufskontrollen durchführen: Regelmäßige Überwachung der Refraktion, axialen Augenlänge und des Netzhautstatus über die Zeit hinweg sicherstellen.

Myopie-Management bedeutet mehr als die Überwachung klassischer Schulmyopien

Die Versorgung hochmyoper Kinder erfordert mehr als eine optische Korrektur. Sie erfordert eine ganzheitliche Betreuung und oft die Zusammenarbeit zwischen Augenoptikern/Optometristen, Augenärzten, Genetikern und anderen Fachdisziplinen.

Optometristen können eine Schlüsselrolle bei der Früherkennung spielen, indem sie Anzeichen für zugrunde liegende systemische oder genetische Erkrankungen identifizieren. Besonders wenn keine Ursache für die Myopie vorliegt, aber Auffälligkeiten wie ungewöhnlich hohe Myopie oder Netzhautveränderungen bestehen, ist eine frühzeitige Überweisung an Fachärzte entscheidend.

Das Ziel der interdisziplinären Zusammenarbeit ist es, die bestmögliche visuelle und allgemeine Entwicklung der Kinder zu fördern, einschließlich regelmäßiger Verlaufskontrollen, präziser Korrektur und Überwachung von Komplikationen wie Netzhautschäden.

Optometristen sind nicht nur für die Sehhilfe verantwortlich, sondern auch für die ganzheitliche Beurteilung des Kindes und die frühzeitige Weiterleitung an spezialisierte Experten.

Maike Vadersen ist staatlich geprüfte Augenoptikerin/Augenoptikmeisterin und Optometristin. Seit ihrem Abschluss 2019 an der Höheren Fachschule für Augenoptik und Optometrie Köln (HFAK) ist sie für das Augenoptik-Fachgeschäft Stein Optik in Köln tätig. 2021 absolvierte sie die Prüfung zur Betriebswirtin nach der Handwerksordnung und engagiert sich als Beisitzerin im Meisterprüfungsausschuss für den Bezirk der Handwerkskammer zu Köln. Gemeinsam mit Jessica Gruhl betreibt sie den Online-Informationsblog Kindersicht.

Jessica Gruhl ist Optometristin und Kontaktlinsenspezialistin. 2019 schloss sie ihr Studium an der Höheren Fachschule für Augenoptik und Optometrie Köln (HFAK) ab. Seitdem ist sie im Kontaktlinsenfachinstitut Avermann Contactlinsen in Dortmund tätig. Sie erwarb 2022 den M.Sc. in Vision Science and Business (Optometry) an der Hochschule Aalen und forscht nun berufsbegleitend am Centre for Eye Research Ireland (CERI) zur Myopie-Kontrolle mit Kontaktlinsen. Gemeinsam mit Maike Vadersen betreibt sie den Online-Informationsblog Kindersicht.

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