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Erfolgreiche Diebstahlvorbeugung im Fachgeschäft

Nicht jeder Kunde kommt als Dieb, aber jeder Dieb kommt als Kunde

Die angezeigten Ladendiebstähle beliefen sich im letzten Jahr auf 426.000 angezeigte Fälle. Dazu kommen noch ca. 100.000 Diebstähle aus Nebenräumen. Ein Plus von 35% und der höchste Stand seit 2006. Diese Daten sind sicher nur die „Spitze des Eisbergs“. Hierbei muss mit einer wesentlich höheren „Dunkelziffer“ gerechnet werden, da sicher die meisten Ladendiebstähle nicht erkannt werden bzw. statistisch nicht aufgeführt werden. Deshalb ist ein aufmerksames Personal der wichtigste Faktor, um Ladendiebstahl vorzubeugen. Und weil die meisten Diebe „Gelegenheitstäter“ sind, also keine professionellen Täter, gibt es hier gute Chancen, mögliche Diebe zu erkennen. 

Wie erkenne ich einen „möglichen“ Ladendieb?

Gewiss stehlen nicht alle Kunden, die meisten sind ehrlich, möchten in Ruhe zu einer neuen Brille beraten werden und sind bereit, ihre Brille auch zu bezahlen. Zum Glück wird Ladendiebstahl nur von einer Minderheit verübt, die allerdings empfindliche Verluste bescheren kann. Natürlich gilt aber: Jeder Kunde kann zum Ladendieb werden. 

Sie fragen sich: Kann ich Ladendiebe rechtzeitig erkennen? Habe ich überhaupt eine Chance? Die eindeutige Antwort lautet hier: „Ja“. Es geht hier jedoch nicht um den Profidieb, sondern um den „Gelegenheitsdieb“, der „ab und zu“ klaut, und sich meist anders verhält als der ehrliche Kunde. Dazu kommt, dass er auch selbst unter einer gewissen Anspannung steht, was häufig am Verhalten und seinen Bewegungen zu erkennen ist. Er will ja nicht „erwischt“ werden und anonym bleiben. Das ist unsere Chance im Einzelhandel.

Es gibt aber leider nicht den „typischen“ Ladendieb, der sofort und schnell „auf einen Blick“ beim Betreten eines Geschäfts zu erkennen ist. Ein Ladendieb fällt auch nicht aufgrund seiner Kleidung auf. Es ist jedoch häufig immer noch so, dass Menschen, die gut gekleidet sind, weniger als mögliche Ladendiebe eingestuft werden als Menschen, die von ihrer Kleidung her eher bedürftig oder „arm“ wirken. Das „Äußere“ verrät wenig über den inneren Charakter eines Menschen. Wir müssen also jeden Kunden im Auge behalten.

Die aufgeführten Verhaltensmuster, ich nenne es „Signale“, sind keine Garantie dafür, dass es sich immer um einen Kunden handelt, der unehrlich ist oder sein will. Unsere Chancen stehen jedoch gut, wenn Sie aufmerksam bleiben und rechtzeitig vor einem „möglichen“ Diebstahl handeln.

Wichtig ist eine klare Regelung im Betrieb. Entweder: Sie sehen einen Diebstahl im Verkaufsraum und beobachten den Dieb, bis er die Kasse passiert bzw. das Geschäft verlässt und sprechen ihn danach an. Oder: Bei verdächtigem Verhalten wird der mögliche Dieb sofort angesprochen: „Ich habe gesehen, dass Sie versehentlich etwas in die Tasche gesteckt haben, soll ich den Artikel schon an die Kasse bringen?“ Ein Tipp: Besser ist Vorbeugung!

Auffälliges Verhalten erkennen

Auch Ladendiebe stehen unter „Anspannung“, was sich im Verhalten zeigt. Möglich wären die folgenden Szenarien: 

  • Der Kunde läuft scheinbar ziellos herum und wechselt auffällig häufig verschiedene Abteilungen. 
  • Der Kunde verfolgt die Abläufe im Geschäft und stellt den Mitarbeitern Fragen, um sie in Sicherheit zu wiegen.
  • Der Kunde vermeidet bewusst den Kontakt mit Verkaufsmitarbeitern, auch wenn der Kunde vom Mitarbeiter angesprochen wird.
  • Der Kunde betritt unser Geschäft mit mehreren Taschen – leider Normalität.
  • Zwei Personen trennen sich sofort bei Betreten des Geschäfts. Die Kunden gehen in verschiedene Richtungen. 
  • Eine Kundengruppe schirmt sich gegenseitig ab, häufig zu beobachten bei Jugendlichen, die vor der Ware stehen.
  • Zwei Kunden verständigen sich durch Flüstern oder durch Handzeichen. Es kann das Signal sein: „Die Luft ist rein.“
  • Ladendiebe zu zweit bevorzugen die Ablenkung. Besonders in kleineren Geschäften mit wenig Personal können Sie nicht alles im Blick haben. Oft ist es so, dass sich ein Kunde beraten lässt, während der andere stiehlt.

Rechte beim Beobachten eines Diebstahls

Auch eine Art des Verhaltens: Sie sehen, dass ein Kunde gestohlen hat und die Beine in die Hand nimmt. Was tun Sie? Was dürfen Sie überhaupt tun? Die Rechtslage ist eindeutig und lautet:

Laut der StPO (Strafprozessordnung) § 127 „Vorläufige Festnahme“ gilt: „Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen.“

Wenn Sie also einen Ladendiebstahl beobachtet haben und der Dieb läuft ohne zu bezahlen aus dem Geschäft, ist es ratsam, dass Sie nicht hinterherlaufen. Wenn Sie dies doch unbedingt tun wollen, dann bleiben Sie in Sichtweite, also niemals den Dieb „anfassen“. Das kann ihn provozieren und es kann zu Gewalttätigkeiten führen.

Auch wissen Sie nicht, ob der Dieb z.B. noch „Kumpane“ hat, die ihm „beistehen“ könnten. Besser: Auffälliges notieren oder merken (Aussehen, Kleidung, Fahrzeug usw.). Dann sofort die Polizei informieren. Es gilt immer: „Eigensicherung vor Warensicherung“.

Ab wann gilt Ladendiebstahl als „vollendet“?

Wann ist ein Ladendiebstahl eigentlich ein Ladendiebstahl? Wann ist dieser denn „vollendet“? Muss ich warten, bis der Dieb an der Kasse vorbei ist oder das Geschäft verlassen will? Das Gesetz (§ 242 Diebstahl StGB – Strafgesetzbuch) besagt Folgendes:

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Der Strafrahmen des Diebstahls sind Geld- oder Freiheitsstrafe bis fünf Jahre. Die konkrete Strafzumessung im Einzelfall richtet sich nach einer Vielzahl von Faktoren. Insbesondere sind Ladendiebe oft Ersttäter. Gegen sie wird das Verfahren häufig – ggf. gegen Zahlung einer Geldauflage – durch die Staatsanwaltschaft eingestellt, insbesondere bei einer geständigen Einlassung des Täters.

Umgekehrt kann aber gegen einen Wiederholungstäter wegen eines Ladendiebstahls durchaus eine Freiheitsstrafe verhängt werden, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Freiheitsstrafen im Bereich von einem oder mehreren Jahren werden aufgrund des vergleichsweise geringen Schadens jedoch grundsätzlich nicht verhängt.

Ausnahmen hiervon sind Ladendiebstähle im Rahmen der Beschaffungskriminalität, wenn diese als gewerbsmäßige Diebstähle eingeordnet werden, der Täter also seinen Lebensunterhalt bzw. die Finanzierung seines Drogenkonsums aus den Diebstählen bestreitet.

Was bedeutet das für uns in der Praxis?

Ein Beispiel: Sie sehen einen Kunden, der eine Sonnenbrille unter seine Jacke steckt. Ist das schon ein Ladendiebstahl? Darf ich den Kunden erst ansprechen, wenn er die Kassenzone verlassen hat und den „versteckten“ Artikel nicht bezahlt hat? Hier gibt es sehr unterschiedliche Aussagen oder auch Meinungen.

Die meisten davon finden, ein Ladendiebstahl sei erst „vollendet“, wenn der „Kunde“ an der Kasse „vorbei“ ist. Das stimmt nicht ganz. Aus juristischer Sicht ist mit dem Wegnehmen der Sache der Tatbestand des Diebstahls erfüllt. Ein vollendeter Diebstahl liegt also bereits vor, wenn der Täter in einem Selbstbedienungsgeschäft mit Zueignungsabsicht Ware in die Tasche steckt, unter seiner Kleidung verbirgt oder wenn er zum Verkauf angebotene Lebensmittel verzehrt. Leider ist es sehr schwer, die Zueignungsabsicht immer zu erkennen oder zu beweisen.

Dass häufig von der Kasse immer die Rede ist, liegt daran, dass der Händler meist wartet, bis der Ladendieb an der Kasse vorbei ist, bis er diesen anspricht. Das ist auch die richtige Vorgehensweise, sollte es zu einer späteren Strafanzeige kommen. 

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Zur sofortigen Diebstahlvorbeugung ist es sinnvoller, den Kunden schon beim Verdacht (es wird gesehen, dass der Kunde eine Ware in seine Privattasche steckt) anzureden. Beispiele: „Darf ich Ihnen helfen? Was kann ich für Sie tun?“ oder: „Soll ich die Ware schon an die Kasse bringen?“

Der Kunde erfährt dann, dass Sie ihn „bemerkt“ haben und verzichtet eher auf die Tat.

Mitarbeitende im Handel haben auch nicht immer Zeit, dem möglichen Dieb hinterherzulaufen, was eine längere Zeit beanspruchen kann, wenn es sich um ein großes Fachgeschäft handelt.

Wichtig ist, dass Sie sich entscheiden: Sie sehen einen Diebstahl im Verkaufsraum und beobachten den Dieb, bis er die Kasse passiert und schreiten dann ein. Oder bei verdächtigem Verhalten wird der mögliche Dieb sofort angesprochen. Wie in den Beispielen vorher genannt.

Noch ein Hinweis zu Mittäterschaft und Beihilfe: Wer einem Ladendieb beim Diebstahl hilft, auch wenn er nicht selbst zugreift, kann sich als Mittäter zum Ladendiebstahl strafbar machen (§ 25 bzw. § 27 Strafgesetzbuch). Zeigen Sie bei Bandendiebstählen daher nicht nur den eigentlichen Dieb an, sondern auch diejenigen, die ihm geholfen haben, auch wenn die Beweisführung hier schwierig ist.

Warum so viele Menschen klauen

Interessant ist auch die Frage nach dem „Warum“. Zu den Hauptmotiven für den Diebstahl zählen:

  • Geiz und Habgier
  • Geltungssucht: Es werden Artikel gestohlen, die im „Trend liegen“ oder die man sich nicht leisten kann.
  • „Bestätigungsdrang“, meist durch eine Gruppe von Menschen (häufig ein vorrangiges Motiv bei Jugendlichen) 
  • Spaß und Lust am Klauen: Leider immer häufiger bei prominenten Personen zu beobachten und verleitet sicher auch den einen oder anderen Otto Normalbürger zum Diebstahl.
  • Finanzielle Nöte durch z.B. Drogenkonsum oder besonders teure Hobbys
  • Soziale Nöte: Es fehlt das Geld, benötigte Artikel und Waren zu kaufen.

Die in der Öffentlichkeit so genannte „Sucht zum Stehlen“ (Kleptomanie) spielt bei den Ladendiebstählen immer noch eine untergeordnete Rolle. Diese Krankheit ist häufig auch eine Ausrede von Ladendieben, die sich die gestohlenen Waren hätten leisten können.

Zudem ist eine Verschiebung der moralischen und ethischen Werte seit einigen Jahren erkennbar. Besonders in der aktuellen Zeit bei den hohen Lebensmittel- und Energiekosten sind viele Täter der Auffassung, sich nur „zu holen“, was ihnen zustehe. Frust herrscht dann meistens bei diesen Personengruppen über unbefriedigte Konsumwünsche und zu hoher Preise.

Unterstützt wird dieses moralische Selbstbild durch Unwissenheit des wirklich entstandenen Schadens in Anbetracht der Warenfülle in einem Geschäft und der Geringfügigkeit des eigenen Diebstahls. Hinzu kommt die geringe Wahrscheinlichkeit von möglichen Sanktionen.

Der deutsche Justizapparat wird durch die im Jahr über 400.000 Ladendiebstähle dermaßen beansprucht, dass viele Anzeigen und Verfahren bei den „Ersttätern“ meist auch wegen Geringfügigkeit der Warenwerte eingestellt werden.

„Lieblingszeiten“ der Diebe

Geklaut wird an allen Wochentagen und zu jeder Tageszeit! Es ist aber auf jeden Fall klar erkennbar, dass der „Trend“ auch aktuell mehr in die späteren Ladenöffnungszeiten geht. Dies hat sicher auch damit zu tun, dass Geschäfte heutzutage länger geöffnet haben und häufig ab dem späten Nachmittag weniger Personal auf der Fläche ist.

Dies wird erfahrungsgemäß besonders von professionelleren Ladendieben und gerade von den Stammkunden ausgenutzt. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass viele Mitarbeitende in den Geschäften zum Feierabend hin unaufmerksamer und unkonzentrierter sind als in den ersten Stunden zu Beginn ihrer Tätigkeit. Was natürlich verständlich ist.

Auch zeigt eine Studie des „Globalen Diebstahlbarometer“ auf, zu welchen Jahreszeiten am meisten gestohlen wird. Hier liegt der Winter mit ca. 46% ganz vorn, gefolgt vom Herbst mit ca. 24%, dann kommen der Frühling mit ca. 18% und der Sommer mit ca. 12%. Das hat sicher auch mit der Kleidung zu tun, da im Herbst und Winter eher große Mäntel und Jacken getragen werden und es einfacher ist, einen Artikel „verschwinden“ zu lassen als im Sommer, wenn der Kunde nur eine kurze Hose und ein T-Shirt trägt.

Die Monate mit den höchsten Diebstahlquoten sind März, April, November und Dezember. In vielen Geschäften ist es mittlerweile so, dass gerade im Weihnachtsgeschäft ab ca. Mitte November bis Ende Dezember über 50% aller angezeigten oder erkannten Ladendiebstähle aufgefallen sind. Deshalb sollten Sie an diesen Tagen und Wochen das Verkaufspersonal besonders sensibilisieren.

Übrigens: Die aktive Begrüßung an den Kunden, der Ihr Geschäft betritt, ist auch ein Mittel zur Diebstahlvorbeugung. Dies sollte in einem Augenoptikfachgeschäft auch selbstverständlich sein. Denn Sie wissen nicht, ob der Kunde ehrlich ist oder nicht. Mit Ihrer Begrüßung signalisieren Sie ihm jedoch sofort: „Ich habe dich bemerkt bzw. wahrgenommen“.

Was Verluste wirklich bedeuten

Vielen Mitarbeitenden in einem Brillenfachgeschäft ist nicht immer klar, was Verluste durch nicht bezahlte Artikel wirklich bedeuten und welche Auswirkungen ein Diebstahl nach sich ziehen kann. Mitarbeitende sollten deshalb entsprechend sensibilisiert werden, denn jeder einzelne Diebstahl bedeutet auch:

  • Die Ware ist weg = Totalverlust des Einkaufswertes.
  • Ein Preisaufschlag ist häufig unumgänglich.
  • Der notwendige Mehrumsatz zum Ausgleich ist oft nicht zu schaffen.
  • Gefahr der Unwirtschaftlichkeit eines Geschäftes.
  • Ein Erfolgserlebnis für den Dieb. Wollen Sie das?
  • Wiederholung durch den Dieb ist sehr wahrscheinlich.
  • Ladendiebstahl kann Arbeitsplätze gefährden.

Die Führungsverantwortlichen sollten ihrem Personal immer klarmachen, welche Verantwortung ein jeder, eine jede im Geschäft für die Ware hat.

Mundpropaganda unter Ladendieben

Jeder Diebstahl, den wir durch unsere Aufmerksamkeit verhindern, ist ein materieller Gewinn – und ein ideeller Gewinn, denn wir schrecken damit weitere potenzielle Diebe ab. Genau wie es eine Mundpropaganda gibt, wo man am besten einkauft, gibt es auch eine Mundpropaganda, wo man am besten klaut. Egal in welchen Gesellschaftskreisen. Ladendiebstahl zu tolerieren hieße ganz generell, seinen Betrieb zu schädigen und den eigenen Arbeitsplatz zu gefährden. Regelmäßiges Training und Schulung der Mitarbeiter ist hier ein absolutes Muss, denn häufig sind Ladendiebe sonst deutlich besser informiert als das Personal in einem Geschäft. 

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