Achtung Langfinger 

Efstathios Efthimiadis x KI

Ein junges Paar betritt das Geschäft. Schon beim Herantreten merke ich: Beratung ist hier nicht erwünscht. „Man wolle sich nur umsehen“. Eigentlich ganz normal, das kommt in einem Geschäft in der Innenstadt mit Laufkundschaft andauernd vor. Wir haben gelernt: Trotzdem die Kunden im Auge behalten, vielleicht kommt eine Frage auf? Oder es wird sich hilfesuchend umgeblickt. Die beiden gehen zielstrebig auf die teurere Abteilung der Auslage zu. Auch ein Blick ins nach hinten offene Schaufenster erregt das Interesse von einem der beiden. 

Ich lasse sie nicht aus den Augen, lächele hier und da freundlich. Die Dame kommt schließlich auf mich zu und verwickelt mich in ein Gespräch: „Was kosten denn Gleitsichtgläser?“ Ich bin etwas verwirrt, denn offensichtlich ist sie deutlich zu jung dafür. Sie frage für ihre Mutter. Mein inneres Alarmsystem ist geweckt. Da meine Kolleginnen ebenfalls beschäftigt sind, schaut sich der Mann nun allein weiter um, was ebenfalls seltsam ist. Normalerweise ist das der Punkt, an dem beide artig Platz nehmen, einen Kaffee angeboten bekommen und die Beratung auf das nächste Level kommt.

Nachdem ich bei den Preisen angekommen bin, steht sie auf, bedankt sich äußerst höflich und geht mit ihrem Partner zur Ladentür. Gleichzeitig scanne ich mit meinen Augen die Brillenwände ab. Bäm! Es fehlen gleich mehrere Brillen in der italienischen Designerecke. Ich weiß das so genau, weil unsere damalige Chefin meinen Kolleginnen und mir von Tag eins an eingeimpft hat: „Jede Brille, die wir in der Hand hatten, geht sofort wieder an die Wand oder entsprechend in die Schublade, wenn sie ‚aus dem Rennen‘ ist“. Da wir uns immer daran halten, wirkt die Leere an der Wand wie ein offenes Grab.

Die beiden sind schon raus aus dem Geschäft und bereits kurz vor der nächsten Ecke. Ich schnappe mir mein Nokia 6210 und nehme mit einem Abstand von knapp hundert Metern die Verfolgung auf und wähle 110. Die Polizei bleibt am anderen Ende der Leitung und ich lotse sie durch die Innenstadt, die beiden fest im Blick. Ab und zu gucke ich in ein Schaufenster und sehe in der Spiegelung, was die beiden machen. Ihr Weg geht Richtung Unterführung auf den Bahnhof zu. Als neben mir die grün-weiße Streife vorbeifährt, bin ich erleichtert. Ich sehe noch, wie die Polizei sie befragt und sie ihre Einkaufstaschen öffnen.

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Unsere Brillenfassungen und Sonnenbrillen hatten wir kurz danach wieder zurückbekommen. Ähnliches ist mir in meinem beruflichen Alltag als Augenoptikerin noch ab und zu passiert. Aber nie wieder war der Diebstahl so klar ersichtlich und so leicht zu lesen wie damals Anfang der Nullerjahre. 

Wer über kein Warensicherungssystem verfügt, kann mit ein paar Dingen Ladendiebstählen vorbeugen. Was wichtig ist: Ordnung! So lässt sich im Verkaufsgespräch die Ware stets orten. Alles hat seinen Patz und ein Fehlen fällt sofort auf. Noch wichtiger: Aufmerksamkeit der Mitarbeiter! Oftmals ergeben die Situationen mit Ladendieben keinen wirklichen Sinn hinsichtlich einer normalen Beratung. Das Interesse ist nicht echt, oder Paare teilen sich sofort auf. Manchmal sind es auch wirklich doofe Fragen, mit der man Sie in ein Gespräch verwickeln möchte. 

Wir haben in dieser und der kommenden Ausgabe zum Thema Ladendiebstahl ein Special, das ich Ihnen ans Herz legen möchte. Unser Autor geht sehr genau darauf ein, wie Sie mögliche Diebe erkennen können und wie man sich am besten verhält, auch nach einem sogenannten „vollendeten“ Diebstahl. Spoiler: Es ist nicht so offensichtlich, wie manche vielleicht denken. 

Auch wenn ich mich nach der Geschichte kurz wie Schimanski­ gefühlt habe und meine Chefin mir anerkennend auf die Schulter geklopft hat – so eine coole Sau war ich dann doch nicht. Denn seit diesem Tag ging ich bei meinem Weg vom Parkplatz in die Innenstadt nie wieder durch die Unterführung am Bahnhof, sondern habe einen längeren und lästigen Umweg in Kauf genommen! Und wenn ich mal wieder spät dran war und in der Innenstadt parkte, könnte man sagen: „Knöllchen pflasterten ihren Weg“. 

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